„Für Freundschaft und Brüderlichkeit“

–  Der internationale Komplexwettkampf der sozialistischen Länder im Fallschirmsport  –

Der internationale Komplexwettkampf der sozialistischen Länder im Fallschirmsport stand unter der Losung „Für Freundschaft und Brüderlichkeit“.

Mit dem Start 1971 wurde dieser Wettkampf eine echte Bereicherung der vormilitärischen Ausbildung der GST und den anderen Bruderorganisationen wie z.B. DOSAAF aus der UdSSR, SVARZAM aus der CSSR oder LOK aus Polen. In den Jahren ist er ein untrennbarer Bestandteil der wehrsportlichen Tätigkeit der sozialistischen Wehrorganisationen gewesen und demonstrierte das Leistungsniveau der Wehrsportler im internationalen Vergleich.

Alljährlich trafen sich die Akteure, die zwischen Himmel und Erde zu Hause waren, zu diesem interessanten und oft auch spannungsgeladenen Wettkampf in den Sportarten:

Schießen

Kleinkaliber-Gewehr, 50m liegend; in einem Zeitfenster von 30 min wurden 5 Probeschüsse und 20 Wettkampfschüsse abgegeben.

Bild 1 – Berthold Hennecke erzielte beim X. Internationalen Komplexwettkampf im Schießen 181 Punkte, er startete aber ausser Komkurrenz.

Bild 2 – Gerd Wetteborn beim XVI. Internationalen Komplexwettkampf. Am Ende standen 195 Ringe auf seinem Konto, nur drei weniger als beim Sieger Hradecky aus der CSSR.

(Bildquellen: Bild 1 Fliegerrevue 11´1980, Bild 2 Gerd Wetteborn privat)

Schwimmen

100m Freistil; es wurde auf einer 25m oder einer 50m Bahn geschwommen. Im Wettkampfstatut war festgelegt, dass der Veranstalter diese Auswahl allen Akteuren mitteilt. Somit konnte das Training bis zum Hauptwettkampf darauf angepasst werden. Beim Schwimmen auf einer 25m Bahn wird 3x gewendet. Das Training wurde somit verstärkt auf das Üben von Wenden ausgerichtet. Wenn die Auswahl eine 50m Bahn war, wurde mehr auf die Streckeneinteilung und auf Ausdauer trainiert. Kam man nun zum Wettkampf und es wurde nicht wie vorab mitgeteilt auf der jeweiligen Bahnlänge geschwommen, war das für den Sportler irritierend und für die Ausrichtermannschaft ein psychologischer Vorteil. Kleine Tricksereien sind so beim Schwimm- und auch beim Laufwettbewerb ab und an mal erfolgt. Für erfahrene Sportler war das aber nicht mehr so überraschend. Es hieß Augen zu und durch.

 

Bild 3 – 1973 dominierte zwei Sportler des SC Dynamo das Schwimmen. Sieger wurde Dietmar Geißler (links im Bild) vor Reinhard Seyda (rechts im Bild).

Bild 4 – Peter Schmutzler, ehemaliger Fallschirmjäger der NVA erzielte 1978 mit 01:13,6 min Platz 5 in der Schwimmwertung.

Bild 5 – Jens Fichtmüller vom FSC der GST war der stärkste Schwimmer in der Reihe des DDR-Kaders Ende der 80er Jahre. Den letzten Komplexwettkampf gewann er mit einer Zeit von 00:58,9 min.

(Bildquellen: Bild 3 Fliegerrevue 11´1973, Bild 4 Fliegerrevue 10´1978,  Bild 5 Fliegerrevue 12´1985)

Laufen

3000m Geländelauf; hier wurde vom jeweiligen Veranstalter das Streckenprofil ausgewählt, das der eigenen Mannschaft einen Vorteil bringen konnte. Es gab einige Male die Situation, dass der Veranstalter „versehentlich“ ein anderes Streckenprofil angab und dementsprechend das Training darauf ausgerichtet war. Beispiel: Training auf einer flachen, leicht hügeligen Strecke und die Wettkampfstrecke war dann hügelig bis bergig. Grundsätzlich wurden die Festlegungen laut Statut eingehalten.

 

Bild 6, 7, 8, 9 – Impressionen vom 3000m-Ländelauf.

Schweres Gelände hatte Viktor Trunin aus der UdSSR 1974. Mit der Startnummer 47 ging 1980 Milan Kolar aus der CSSR ins Rennen.
Von Erschöpfung gekennzeichnet beendete 1983 Olaf Bonneß aus der DDR das Rennen. Ganz rechts sein Teamkamerad Gerd Wetteborn.

(Bildquellen: Bild 6 Fliegerrevue 11´1974, Bild 7 Fliegerrevue 11´1980,  Bild 8 Fliegerrevue 11´1983, Bild 9 Gerd Wetteborn privat)

Fallschirmspringen

Wertung im Einzelzielspringen (geplant 6 Sprünge) und Gruppenzielspringen (geplant 4 Sprünge). Die Sprünge erfolgten aus einer Höhe von 800m bis 1000m. Die Nullscheibe hatte einen Durchmesser von 10cm, später wurde sie mit dem Einsatz von Gleitfallschirmen auf 5cm verkleinert. Anfangs nutzten die Sportler Rundkappenfallschirme. 1977 setzten die Sportler der UdSSR und Ungarn erstmalig Gleitfallschirme ein. Das bewirkte eine schnelle Umstellung, so dass 1978 ausschließlich „Gleiter“ zum Einsatz kamen und auf die 5cm Nullscheibe gesprungen wurde.

 

Impressionen vom Zielspringen.

Bild 10 – Zielspringen mit einer Hochleistungsrundkappe beim Wettkampf 1973 in  Magdeburg .

Bild 11 – Schiedrichter bei der Arbeit in Pöngjang 1983.

Bild 12 /13 – Größenunterschiede der Nullscheiben 10 cm und 5 cm.

Bild 14 – Olaf Bonneß mit dem RL-12/2 im Landeanflug.

(Bildquellen: Bild 10 Fliegerrevue 11´1973, Bild 11 Fliegerrevue 11´1983, Bild 12/13/14 Gerd Wetteborn privat)

Wertung/Ergebnisse

Zum Abschluss des Wettkampfes wurden in Einzelwertung und Mannschaftswertung die Platzierungen ermittelt. Dazu rechnete man die Ergebnisse aus den Disziplinen in Punkte um und addierte sie im Anschluss. Sieger wurde der Sportler mit dem höchsten Punktestand. Mit dem XII. Internationalen Wettkampf in Krnov (CSSR) wurde eine Mannschaftswertung in den jeweiligen Einzeldisziplinen mit Medaillenvergabe eingeführt, was den Wettkampf noch attraktiver machte.

In den Anfangsjahren wurden die Aktiven aus der laufenden vormilitärischen Ausbildung – Laufbahngruppe Fallschirmjäger ermittelt. Mit der Zeit entwickelte sich in diesem Wettbewerb ein hoher Leistungsanspruch, so dass ein Umdenken stattgefunden hat. Es wurden nunmehr Aktive aus der Laufbahngruppe Fallschirmjäger, aus den Klubs und aus den Bezirken der DDR gesichtet.

Es ist auch kein Geheimnis, dass oft auch reine Spezialisten der jeweiligen Disziplin eingesetzt wurden. So hatte man aus einem sogenannten Klassiker (Fallschirmsportler für Ziel- und Figurensprung), aus einem Schwimmer, Leichtathleten oder Schießsportler schnell mal ein „Komplexer“ gemacht. Im Ergebnis erzielte man damit in der jeweiligen Disziplin top Platzierungen, aber der eigentliche Sinn des Wettkampfes wurde leider verfehlt.

Ende der 70er Jahre fand hier ein Umdenken statt und man begann eine Mannschaft aufzubauen, die wieder mehr und mehr die Komplexität verkörperte.

Am Klub FSC Halle-Oppin wurden Planstellen für diese Mannschaft eingerichtet. Es erfolgte eine jährliche Klubsichtung, die gleichgestellt der Sichtung für die Klassiker (klassische Disziplinen Ziel- und Figurensprung) war, um so auch die Talente für die Komplexwettkämpfer zu entdecken.

Es wurden neue Formen des Trainings entwickelt und das Trainingspensum erhöht. Die Aktiven wurden für Trainingslager und Wettkämpfe über das gesamte Jahr freigestellt. Das Trainings- und Wettkampfjahr begann im Januar mit einem Wintertrainingslager und endete im November mit einem Sprunglager Formation, wo nach Wetterlage aus 4.000m Höhe gesprungen wurde. Hier trainierten die Komplexer Freifall- und Kappenformation. Erfahrene Trainer aus den jeweiligen Disziplinen, so Waldemar Cierpinski Lauftrainer, Trainer Frehse im Schwimmen und Harry Frantz, Schießtrainer von der DHFK Leipzig erstellten individuelle Trainingspläne und trugen dazu bei, dass sich die Erfolge dementsprechend einstellten. Das waren einmal persönliche Bestleistungen und natürlich Medaillen. Das Training im Fallschirmspringen erfolgte mit den Klassikern und den Trainern. Die Komplexmannschaft sprang ab 1981 mit dem RL 12/2, eine Entwicklung von BEWES Fallschirmwerk Seifhennersdorf.

Die Komplexer nahmen nun auch regelmäßig an nationalen und internationalen Wettkämpfen im klassischen Fallschirmsport teil. Hier war vor allem die Motivation, die Klassiker zu ärgern oder gar zu besiegen. Weiter gab es internationale Klubvergleiche der Komplexwettkämpfer. Sie dienten als Training und Leistungsschau und waren Bestandteil für das Auswahlverfahren, wer in der Mannschaft DDR I starten durfte.

Mit der steigenden Popularität kamen auch mehr Interessierte, der Mannschaftskader wuchs. Damit entwickelte sich innerhalb des Kaders ein interner Wettkampf, wer der 1. Mannschaft angehörte. Der größte Kader war Ende 1984 mit 12 Aktiven. Leider wurde im Jahr 1987 durch den Vorstand der GST die Entscheidung getroffen, dass der 17. Internationale Komplexwettkampf der sozialistischen Länder der letzte sein wird. Der Kader wurde danach aufgelöst. Trotz dieser Entscheidung und der zeitigen Information darüber, wurden durch die Aktiven noch einmal international starke Erfolge erzielt. So verabschiedete sich die DDR-Nationalmannschaft der Komplexer mit erhobenem Haupt.

Bild 15 – Training von „Profies“ – Waldemar Cierpinski, ehemaliger Olympiasieger im Marathon trainierte die DDR-Auswahl in der Laufdisziplin.

Bild 16 – Komplexsportler des FSC Halle-Oppin mit ihrem Schießtrainer Harry Frantz (ganz rechts).

Bild 17 – Der Lohn der Tat. Am Ende gehörte die Mannschaft aus der DDR zu den Favoriten beim internationalen Komplexwettkampf der sozialistischen Länder im Fallschirmsport.

(Bildquellen: Bild 15 unbekannt, Bild 16 Gerd Wetteborn privat, Bild 17 Reinaldo Leyva privat)

Zu den Ergebnissen der Jahre 1971 bis 1987

… Fortsetzung folgt