

Ein Nachruf von Horst Brändel
Gerade der Schulbank entwachsen, drängte es den quirligen Rotschopf Abenteuer zu erleben. Zuerst der Motorsport in der noch jungen GST und drei Jahre später der Fallschirmsport waren da genau die richtigen Alternativen. Obwohl dieser Fallschirmsport in der damaligen DDR noch in den ersten Kinderschuhen steckte, versuchten es seine Enthusiasten mit ausgedachten Bodenübungen und beim Turmspringen sich auf das große Erlebnis, dem Sprung aus einem Flugzeug vorzubereiten.
Bald war es dann soweit und die Begeisterung von Manfred für diesen, seinen Sport wuchs beträchtlich. An jedem Sprungtag war er schon früh auf den Beinen, schaute nach dem Wetter und kümmerte sich um die Vorbereitungen. Seine Sprungzahl gepaart mit dem Erfahrungsgewinn stieg und schon 1958 kam er von einer Ausbildung aus Schönhagen mit der Fallschirmsprunglehrerlizenz in der Tasche zurück. Manfred empfand viel Genugtuung, jungen Sportlern eine sichere und erfolgreiche Ausbildung zu ermöglichen. Bald entwickelte sich im immer noch jungen Fallschirmsport der DDR die Wettkampftätigkeit, wo Manfred in vorderster Reihe mit dabei war. Er gehörte zur Mannschaft des Bezirks Dresden und wurde mit ihr Sieger im Gruppenzielspringen beim ersten DDR-Wettkampf in Gera. Auch beim ersten DDR-offenen Wettkampf in Görlitz gehörte er zu den erfolgreichen Sportlern.
Bild 1 – Bodenausbildung aus den Anfangsjahren in Riesa, hier die Tippeltonne.
Bild 2 – Turnübungen wie der Sprung über den Kasten gehörten mit zur Ausbildung der jungen Fallschirmsportler in den Anfangsjahren. Rechts im Bild eine Attrappe einer PO-2 zum Trainieren des Ablaufs beim Absprung.
Bild 3 – Die Mannschaft aus Dresden beim ersten DDR-Wettkampf in Gera. Manfred Schmidt ganz links, neben ihm der Autor des Nachrufs, die vierte von rechts ist die spätere Frau von Manfred, Ursula Henke.
(Bildquelle: Bild 1/2 Manfred Schmidt, Bild 3 Chronik des Motorflugstützpunktes Riesa-Göhlis)
Zusammen wurden Manfred und ich in den Zentralvorstand der GST delegiert um die Entwicklung des Fallschirmsports zu verbessern. Obwohl er sich bei der Erarbeitung der Ausbildungsprogramme und Sicherheitsbestimmungen einbringen konnte, war die Arbeit am Schreibtisch nicht so seine Berufung. Viel lieber war er auf den Flugplätzen, wo die AN-2 ihre Kreise zum Absetzen der Springer zogen. Viel Energie investierte er in die Organisation eines Ausbildungslehrganges, bei der tschechische Trainer den völlig unerfahrenen DDR-Sportlern das Figurenspringen lehrten.
Auf den Flugplätzen gab es natürlich viele hübsche Mädchen und Manfred fand Gefallen an der blonden Ursula Henke. Und weil auch Ursula ihr Herz an Manfred verlor, wurde bald die erste Fallschirmspringerhochzeit in der DDR gefeiert. Beide zogen zusammen nach Magdeburg, wo Manfred die Verantwortung für den Fallschirmsport übernahm. Da die Magdeburger Kameraden und Kameradinnen sehr mobil und als recht lockere Truppe ihren Sport betrieben, waren oftmals Worte zur Mäßigung nötig. Manfreds Spitznahme „Schmidts Katze“ hatte in dieser Zeit seinen Ursprung und war Ausdruck seiner mitreißenden Art, Sachen schnell und unkompliziert anzugehen bzw. zu beenden.
Dann ein Paukenschlag; Manfred hatte beim Zielspringen in Gera, mit 37 Zentimeter Zielabweichung bei zwei aufeinanderfolgenden Sprüngen einen neuen Weltrekord aufgestellt. Das war ein bedeutender Rekord, denn diese Disziplin stand nicht nur im Mittelpunkt der internationalen Wettkämpfe und Meisterschaften, er war auch gleichzeitig der erste Weltrekord, den ein Fallschirmsportler der DDR ersprang.
Bild 4 – Das frisch vermählte Hochzeitspaar Ursula und Manfred Schmidt.
Bild 5 – Hurra, wir sind Weltrekordler. Großes Medieninteresse nach der phantastischen Leistung von Manfred Schmidt am 18. Mai 1961.
Bild 6 – Das offizielle Diplom de Record zum ersten Weltrekord eines DDR-Fallschirmspringers.
(Bildquelle: Bild 4 AEROSPORT 5´1961, Bild 5/6 Manfred Schmidt (+))
Bei der Weltmeisterschaft im Fallschirmsport 1966 in Leipzig brachte sich Manfred nochmals mit ganzer Kraft und Erfahrung zur perfekten Organisation ein. Danach orientierte er sich beruflich neu, qualifizierte sich weiter und fand in der Stahlarbeiterstadt Riesa als Ingenieur für Maschinenbau seine alte Heimat wieder.
Manfred, der bereits 1970 seinen letzten Fallschirmsprung getätigt hat, verlor nie das Fallschirmsportgeschehen aus den Augen. Er wurde zum Initiator des Treffens der Riesaer Fallschirmspringer und organisierte dieses Event seit nunmehr 25 Jahren.
Am 20.09.2025 ist Schmidt´s Katze von uns gegangen. Manfred, wir werden dich immer in guter Erinnerung behalten. Du fehlst uns schon jetzt!



Nachruf von Peter Garbe
Als ich vor einigen Tagen die von Kuddel Abramowski verbreitete Todesanzeige las, war ich betroffen, aber nicht überrascht, denn bei den Treffen der letzten Jahre erschien Butschi zwar noch regelmäßig, aber in einem sich ständig verschlechternden Zustand. Nun hat er endlich seine ewige Ruhe gefunden, Friede seiner Asche.
Butschi (kaum jemand wusste, dass er mit bürgerlichem „Wolfgang“ hieß) tauchte etwa 1964 mit anderen Parchimern in Neustadt-Glewe auf, durchlief die Grundausbildung und wurde in den nächsten 15 Jahren ein unverzichtbares Mitglied der Springertruppe. Er war ein guter Zielspringer, Fallschirmwart und Schiedsrichter mit einigen hundert Sprüngen. Die genaue Zahl kenne ich leider nicht.
Von Hause aus Bauarbeiter und im größten Teil seines Arbeitslebens auf diversen Baustellen unterwegs, waren seine Fähigkeiten bei den diversen Umbau- und Reparaturarbeiten auf dem Flugplatz sehr gefragt, welche ja häufig in Eigenleistungen erbracht werden mussten. Aber auch sonst machte er durch die eine oder andere Aktion von sich reden. Ich habe hier mal zwei Episoden aus meinen Erinnerungen kopiert, die das belegen:
„… Eigentlich wären wir mit 1972 am Ende, aber ich will hier noch eine der üblichen Schnurren einfügen, in denen es meist um die Dussligkeit der damaligen Akteure ging. Das betraf leider nicht nur die Anfänger, die Lehrer und Lizenzer waren auch nicht viel besser. Ich weiß nicht mehr, was bei Wolfgang „Butschi“ Lachner den Wunsch erzeugte, doch mal Feuer zu spucken. Auf jeden Fall stand er vor dem damaligen Unterkunftsgebäude mit dem Maul voll Benzin und einer brennenden Zeitung in der Hand. Wenn er das Benzin ausblies, entstand eine eindrucksvolle Flamme von 1 bis 2m Länge. Als aber einer der Umstehenden eine blöde Bemerkung machte, musste er lachen, prustete los, besprühte sich selbst mit Sprit und stand plötzlich in Flammen. Zum Glück reagierte der vor ihm stehende Helmut Pieske sofort und richtig. Er öffnete seine Jacke, zog Butschi zu sich heran und löschte mit den Jackenschößen sofort die Flammen. Die paar Sekunden hatten aber ausgereicht, um seinen Haarschopf und die Augenbrauen abzusengen, im Gesicht Verbrennungen 2. Grades und an den Fingern dicke Wasserblasen zu erzeugen, die wie Siegelringe aussahen. Der Spruch mit den kleinen Sünden und der sofortigen Strafe würde auch hier ganz gut passen. In der Ambulanz war dann natürlich nicht vom Feuerspucken, sondern von einer Verpuffung im Ofen die Rede und das bei 25° C mitten im Sommer…“
„… Das Jahr (gemeint ist 1976) sollte aber für die Neustädter Truppe noch einen großen Triumph in petto haben, nämlich den Mannschaftssieg beim Komplexwettkampf, der im September in Großrückerswalde bei Marienberg, also im damaligen Bezirk Karl-Marx- Stadt, stattfand. Die Mannschaft, bestehend aus Ralf Brede, Siegmund Mücke, Jens Siomer, Peter Recke und Edmund Spieß erwies sich der Konkurrenz überlegen. Mannschaftsleiter war Kalle. Wolfgang „Butschi“ Lachner fuhr als Schiedsrichter mit, was für ihn nicht folgenlos bleiben sollte. Schuld daran waren aber nicht irgendwelche gegnerischen Fans, die mit der einen oder anderen Entscheidung nicht einverstanden waren, sondern sein Wunsch nach sportlicher Betätigung am falschen Ort und zur falschen Zeit. Nach entsprechend feuchter Siegesfeier trollte man sich, so die seriösen Augenzeugen, Richtung Quartier, als man plötzlich auf eine etwa 1m hohe Hecke stieß. Butschi überkam offenbar der unbezähmbare Wunsch, diese mit einem kühnen Satz zu überspringen. Was weder er noch seine Begleiter wussten, die Hecke fasste ein etwa 3m tiefes mit diversen Steinen garniertes Bachbett ein. Als er diesem Wunsch nachgab, war klar, dass ein längerer Krankenhausaufenthalt im benachbarten Marienberg fällig war. Die Liste der Schäden war lang und er musste noch einige Zeit im Sachsenland bleiben …“
Es war übrigens sein letzter Sprung (wenn auch nicht mit dem Fallschirm), denn auch ihn traf die „Kadersense“. Wegen ernster Differenzen mit dem GST- Kreisvorstand aus Parchim und dem örtlichen Dorfsheriff war er (nach Einschätzung der „Staatsorgane“) für die Springerei nicht mehr geeignet oder würdig und wurde aussortiert.
Er wird mir (und den meisten, die ihn kannten) als Kumpel und guter Kamerad in Erinnerung bleiben!

Die Redaktion der Interessengemeinschaft „DDR-Fallschirmsport“ wünscht
allen Besuchern der Homepage ein friedliches Osterfest.

Wir hoffen, dass ihr alle die dunkle und graue Jahreszeit gut überstanden habt. Ab Sonntag ticken die Uhren wieder anders und die Tage werden „länger“. Für alle Aktiven unter uns steigt das Kribbeln in den Fingern, denn in Kürze geht es in die Lüfte. Auch in den ersten Wochen des Jahres ist ein bisschen was auf unserer Homepage dazugekommen. Aber seht selbst:
Mit den Biografien von Petra Hempel, Jutta Irmscher und Achim Heiser erweitern wir die Liste ehemaliger Leistungssportler der DDR und gewähren einen kleinen Einblick in die springerischen Werdegänge. (-> Hier geht es zum Link – einfach anklicken)
Die Kategorie „Literatur“ ist mit einer großen Anzahl von Artikeln aus unterschiedlichen Zeitschriften von damals gefüllt worden. Es ist alles nur der Anfang und wir werden peu à peu diese Sammlung erweitern. (-> Hier geht es zum Link – einfach anklicken)
Ein weiteres Relikt aus der damaligen Zeit möchten wir unseren Besuchern zugänglich machen. 1975 entstand der GST-Lehrfilm „Der erste Sprung“ und zeigt die ersten Versuche junger Menschen am Fallschirm. Schaut ihn euch an und vielleicht kommen ein paar eigene Erinnerungen von damals wieder zurück. (-> Hier geht es zum Link – einfach anklicken)
Am 23. Februar bekamen wir eine Einladung von Jane und Jörg Lehmann zum Kaffee, der wir natürlich sehr gerne gefolgt sind. Nach der Stärkung mit Kuchen und tollen Gesprächen wurde uns der Fundus von Janes Mama, der damaligen Weltmeisterin Barbara Karkoschka, präsentiert. Mit Genehmigung unserer Gastgeber dürfen wir die Bilder und Dokumente veröffentlichen. Vielen Dank an dieser Stelle, ihr seid super. (-> Hier geht es zum Link – einfach anklicken)
Die Kategorie „Disziplinen und Arten des Fallschirmspringens“ wurde durch das Figurenspringen erweitert. Wir sind noch nicht fertig mit unseren Ausarbeitungen, aber die bereits veröffentlichten Seiten geben einen interessanten Einblick über die Historie dieser Sprungdisziplin. (-> Hier geht es zum Link – einfach anklicken)
Schließen möchten wir die Ausführungen mit der ersten Ankündigung für das laufende Jahr. Im Oktober findet auf dem Flugplatz Oppin das offene Treffen der ehemaligen Komplexwettkämpfer statt. Wir hoffen auf eine rege Teilnahme. Also wenn ihr jemanden kennt, der dabei war oder vielleicht selbst diesen Sport ausgeübt habt, schaut doch einfach mal vorbei.
Sonst bleibt uns nicht viel mehr übrig, als euch einen tollen Frühling zu wünschen, genießt die schöne Zeit, habt Spaß am Himmel und bleibt vor allem gesund und uns treu.
Bis bald, euer Redaktions-Team




Das Schönste, was ein Mensch hinterlassen kann, ist ein Lächeln im Gesicht derjenigen, die an ihn denken. Und so erinnern wir heute an die schönen Momente von Ursula Schmidt, die am 20.12.2024 ihre letzte Reise angetreten hat.
Ursel gilt als eine der Pionierin des DDR-Fallschirmsports und war in ihren jungen Jahren bereits ganz oben in der Leistungsspringerei zu finden. Geboren wurde sie, damals unter dem Namen Ursula Henke, am 10. Januar 1940 in der Seidenblumenstadt Sebnitz in Ostsachsen am Rande des Nationalparks Sächsische Schweiz. Nach ihrem Schulabschluss erlernte sie den Beruf einer Laborantin. Während ihrer Berufsausbildung trat Ursula mit 16 Jahren der noch jungen Organisation Gesellschaft für Sport und Technik bei. Etwas später begann auf dem Flugplatz Riesa-Göhlis ihre Ausbildung zur Fallschirmspringerin, die in den Anfangsjahren noch durch viel Improvisation und Eigeninitiative geprägt war. Schulter an Schulter mit ihren Sportkameradinnen und -kameraden übte sie in unzähligen Stunden am Boden die Abläufe des Fallschirmsprungs, ohne dass überhaupt ein Flugzeug in der Nähe war. Am 18. April 1959 ging es dann zum ersten Mal mit angelegtem Fallschirm Richtung Erde, aber nicht aus dem Flugzeug, sondern vom Einheitssprungturm in Dresden. In zwei Monaten „stürzte“ sie sich insgesamt 42x aus 20 Metern Höhe in die Tiefe und erlangte schließlich im gleichen Jahr auch ihre Absetzberechtigung für diesen Sprungturm sowie die Qualifikation zur Fallschirmsprung-Instrukteurin der Stufe III.
Am 08. September 1959 war es dann endlich so weit. Ursula konnte ihren ersten richtigen Fallschirmsprung durchführen; mit einem russischen PD-47 auf dem Rücken sprang sie in Schönhagen aus 700 m Höhe aus einer AN-2. Bereits eine Woche später machte sie mit ihrem siebenten Sprung die erste Erfahrung mit der manuellen Öffnung des Fallschirms. Sie beendete ihr erstes Jahr als Fallschirmspringerin mit insgesamt 13 Sprüngen. Ab Mai des Folgejahres wurde Ursel bereits in das Stilspringen und in den damaligen Sportfallschirm T-2 eingewiesen. Ihre weitere Ausbildung in Riesa war so erfolgreich, dass sie in die Bezirkssportmannschaft aufgenommen wurde. Elf Monate nach ihrem ersten Sprung belegte Ursula mit ihrem Mannschaftkameradinnen und -kameraden den 1. Platz in der Gesamtmannschaftswertung beim 1. Bezirksvergleichswettkampf im Fallschirmspringen in Gera und dass mit gerade einmal 31 Sprüngen und mit einem Fallschirm, den sie noch nie gesprungen ist (PTCH). Höhepunkt ihrer Karriere war der 1. DDR-Wettkampf im Fallschirmsport, der vom 09. bis zum 23. September in Görlitz stattfand. Als ausgeliehene Starterin für die Frauenmannschaft des Bezirkes Karl-Marx-Stadt belegte Ursula einen beachtlichen dritten Platz in der Einzelgesamtwertung. Noch beachtlicher ist der Abstand zur zweitplatzierten Springerin Anita Storck vom SV Dynamo, der gerade einmal 8,42 Punkte betrug.
1961 gaben sich Ursula und Manfred Schmidt das Ja-Wort. Veränderungen standen an und die Schmidts bekamen den ersten Familienzuwachs. Mit der nächsten Aufgabe von Ehemann Manfred innerhalb der GST erfolgte der Umzug nach Magdeburg. Im Jahr 1962 ging es dann auch für die junge Mutter Ursel wieder in die Luft. Im Oktober gab es wieder Freude im Hause Schmidt, denn Kind Nummer Zwei stand in den Startlöchern. Das war für Ursula der Grund, warum sie Abschied vom aktiven Fallschirmsport nahm. Ursel, die erfolgreichste Stilspringerin des Jahres 1960, beendete ihre Karriere am 02. Oktober 1962 nach 87 Fallschirmsprüngen.
Bis zum Schluss blieb Ehemann Manfred Schmidt an ihrer Seite. So gedenken wir heute nicht nur einer Fallschirmpionierin der ersten Stunde, sondern auch einer erfolgreichen Frau, Mutter, Oma und Uroma. Farewell Ursel, möge es dir besser gehen, dort wo du jetzt bist.