Höhepunkt leichtathletischer Veranstaltungen sind die Staffelläufe, besonders auf den Sprintstrecken. Bewunderung beim Publikum verdienen sich die Läufer immer wieder, wenn sie in rasantem Lauf den Stab sicher übergeben. Hundertfach ist der Wechsel geübt, denn seine perfekte Beherrschung entscheidet über den Erfolg. Ein Fehlgriff besiegelte schon die Niederlage manches schnellen Teams. Etwa 35 km/h beträgt die Geschwindigkeit der Sprinter. Kann man sich eine Stafette vorstellen, bei der die Wettkämpfer den Stab bei 200 km h wechseln? Das ist eigentlich unvorstellbar. Jedoch diese atemberaubende Stafette gibt es seit einiger Zeit. Die Asse des Fallschirmsports haben sie trainiert. Jetzt steht die Fallschirmstafette oft auf dem Programm von Flugveranstaltungen, und sie wird sogar als Disziplin bei Wettkämpfen gesprungen.

Die An-2 beendet ihren Steigflug. Bei 2500 Meter Hohe bleibt die Nadel des Höhenmessers zitternd stehen. Drei Männer in der Maschine haben sich von den Metallsitzen erhoben. Eine Stafettenmannschaft. Wolfgang lehnt sich leicht aus der geöffneten Tür und beobachtet den spielzeugkleinen Flugplatz tief unten. Die Besatzung fliegt genau an, er braucht nicht einzuweisen. Lothar steht einen Meter hinter Wolfgang. Er schaut noch einmal prüfend auf Stoppuhr und Höhenmesser, die auf dem Ersatzgerät vor der Brust befestigt sind. Wird es klappen? denkt Lothar. Es muss! Er dreht sich nach Hannes um, den dritten und letzten Mann der Mannschaft. Hannes nickt zuversichtlich.

Da, Wolfgang gibt ein Zeichen. Schon ist er weg. Mindestens eine Sekunde muss der Abstand betragen, in dem sie die Maschine verlassen. Jetzt, den hölzernen Stab fester fassend, stürzt Lothar hinterher. Rauschend umfängt ihn der Luftstrom. Kaum, dass er den Doppeldecker verlassen hat, dreht er sich um 90 Grad. Dort liegt Walter, in Hände- hoch-Haltung, die Füße ebenfalls weiter gespreizt als gewöhnlich. Etwa fünfzig Meter beträgt der horizontale und waagerechte Abstand zwischen ihnen. Die Ellenbogen am Körper anliegend, die Arme in Höhe der Hüfte kurz als Steuerflächen „ausgefahren“, im Delphinstil schießt Lothar auf den Kameraden zu. Sein Herz schlägt einige Takte schneller, als er merkt, mit welchem Tempo er sich Wolfgang nähert. Nur schnell bremsen Hände vor! Tatsächlich hat sich seine Geschwindigkeit verringert, als er genau vor Wolfgang liegt.

Er glaubt, den Freund lachen zu sehen, aber das ist ja Quatsch. Bei dem durch den Fahrtwind von doppelter D-Zug-Geschwindigkeit verzogenen Gesicht kann man das nicht sehen. Noch eine kleine Korrektur, jetzt können sie sich guten Tag sagen, so nahe liegen sie sich gegenüber. Wolfgang fasst nach dem Stab, kurvt sofort ab. Lothar dreht entgegengesetzt.

Etwas erschrocken stellt er fest, dass Hannes schon bis auf wenige Meter heran ist. Jetzt muss er den Stab des dritten Springers übernehmen. Das gleiche Manöver. Aber Lothar hat sich zu weit aufgerichtet und hätte beinahe einen Salto rückwärts gedreht. Schnell die Lage wieder stabilisieren. Danach reicht Hannes ihm den Stab. Ein fester Griff und Lothar hat ihn. Dann drehen auch sie voneinander ab. Ein Blick auf den Höhenmesser, 1000 Meter. Noch ist keine Zeit zur Freude, eine gute Ziellandung muss die Gruppe jetzt hinsetzen. Wie ein Teller auf einem großen Tisch zeichnet sich auf dem Platz der Zielkreis ab. Ein Blick zu Wolfgang. In diesem Moment entfaltet sich der farbige Fallschirm des Kameraden. Er steht wie eine bunte Blume am blauen Himmel. Jetzt greift auch Lothar zum Aufzugs griff. Hannes folgt. Minuten später wirbeln die Sprungschuhe der drei Sportler den Sand am Zielkreis auf.

Wieviel ausdauerndes Training, wieviel Meisterschaft gehört zu solch einer phantastischen Mannschaftsleistung. Dieter Strüber, Trainer der Nationalmannschaft, analysiert im folgenden Beitrag den Stafettensprung und gibt den Sportspringern für das Training einige wertvolle Hinweise.

In der Wettkampfausschreibung für den IV. Adria-Cup der Fallschirmsportler in Portoroz in Jugoslawien war diese sehr interessante, aber auch komplizierte Wettbewerbsdisziplin verzeichnet. Bei folgerichtiger Übergabe des Stabes erhält die Mannschaft 600 Punkte, schaffte sie jedoch in den 40 s nur eine Übergabe, so vergibt das Kampfgericht dafür lediglich 200 Punkte. Zu der Disziplin gehört, dass sich die Springer nach der Übergabe der Stäbe günstige Positionen für das Öffnen der Fallschirme suchen müssen, um in der Gruppe gestaffelt bestmöglichste Zielsprungergebnisse zu erkämpfen.

Um die komplizierten Vorgänge der Annäherung zweier oder mehrerer Springer und schließlich die Übergabe eines Staffelstabes im freien Fall praktisch beherrschen zu können, müssen wir die Grundelemente des horizontalen und vertikalen Manövrierens kennen. Die Grundelemente sind das vertikale Durchfallenlassen und das Gleiten in der horizontalen Ebene.

Das Durchfallenlassen wird erreicht durch ein Verkleinern der Widerstandsfläche des Springers, indem er Arme und Beine so eng wie möglich an den Körper heranzieht. Nur die Unterarme und Handflächen werden seitlich aus dem Staubereich des Körpers in den Luftstrom geführt, um die Steuerwirksamkeit und die Stabilität des fallenden Körpers zu erhöhen. Das Gleiten des Springers erfolgt in einer leichten Kopflage, das heißt, der Körper hat eine Neigung von 30-45 Grad zum Horizont. Die Beine sind dabei straff und völlig gestreckt und etwa schulterbreit gespreizt. Die Arme können in Normalhalte angewinkelt bleiben oder wie beim „Delta-Stil“ nach hinten gestreckt sein. Im letztgenannten Falle ist ein sehr wirksames Verändern des Gleitwinkels und damit der Geschwindigkeit durch Abwinkeln der Handflächen im Handgelenk möglich, vergleichbar mit den Höhenrudern beim Flugzeug. Auf diese Art kann die Horizontalgeschwindigkeit bis auf 15-20 m/s gesteigert werden. Die Horizontalgeschwindigkeit muss im Moment der Stabübergabe gleich Null sein. Dies wird erreicht durch das Abbremsen, indem die Arme nach vorn gestreckt und die Beine in den Kniegelenken angewinkelt werden. Dadurch wird der Körper aus seiner geneigten Haltung in die Horizontallage aufgerichtet. Die Handflächen werden steil gegen die Bewegungsrichtung aufgestellt. Anschließend ist eine normale Haltung einzunehmen. Wird anderenfalls die Bremshaltung zu lange beibehalten, dann kommt der Körper in eine leichte Standlage, gleitet rückwärts bzw. leitet. einen Salto rückwärts ein. Betrachten wir nun die Annäherung und Staffelübergabe zwischen zwei Springern.

Beim Sprung aus dem Flugzeug mit einem Absprungintervall von 1s beträgt die vertikale Differenz zwischen den Springern bis zur 12. Sekunde etwa 40-50 m, bei einem Intervall von 2s etwa 80-100 m. Die Schnelligkeit der Stabübergabe hängt also im wesentlichen von der schnellen Überwindung der Höhendifferenz ab. Zu diesem Zweck muss sich der obere Springer wie ein Paket durchfallen lassen.

Der Staffelstab wird bei deutlichem Stillstand sicher und gefahrlos Hand in Hand übergeben. Der Versuch, den Staffelstab zu fassen, wobei die Arme nach oben oder unten bzw. der ganze Körper seitlich gestreckt werden. führt langsam zur Zerstörung der Symmetrie der Körperhaltung und damit der stabilen Lage im Fall. Dabei einen Stab richtig und sicher zu übergeben, wird nicht gelingen. Besser ist es, einige zusätzliche Sekunden bis zum deutlichen Stillstand aufzuwenden, als den Staffelstab in einem zweiten Versuch mit bedeutend größerem Zeitaufwand zu übergeben. Wenn die Springer eine genügende Anzahl von Annäherungssprüngen durchgeführt haben, kann mit dem Training einer schnelleren Übergabe des Stabes begonnen werden. Beim Training der schnellen Übergaben bremsen die Springer die Horizontalgeschwindigkeit nicht ab und gehen direkt bis auf die Entfernung der ausgestreckten Arme. Bei Handberührung wird der Stab übergeben. Danach erfolgt das Trennmanöver. Sicher und gefahrlos ist es, wenn sich die Springer um 90° nach rechts oder links drehen und sich im Gleitflug 5-10 s voneinander entfernen, um dann ihre Fallschirme zu öffnen.

Springt eine Dreiergruppe, so wird ebenfalls nach diesem Prinzip verfahren. Der erste Springer erhält seinen Stab und kann sich von den anderen Kameraden entfernen und eine günstige Position zum Öffnen auswählen. Der zweite und dritte Springer sind noch mit der zweiten Stabübergabe beschäftigt und trennen sich später auf die oben beschriebene Weise.

Sprünge mit Annäherung und Stabübergaben sind kompliziert, und es können nur solche Springer dafür zugelassen werden, die perfekt im Figurenspringen sind und ihren Körper im freien Fall sicher beherrschen. Die Sprünge erfordern eine sorgfältige Bodenvorbereitung. Nur so gelang es der Frauenmannschaft der DDR, mit den Springerinnen Maria Lange. Bärbel Haufe und Birgit Hausdorf, in der Staffeldisziplin beim IV. Adria-Cup in Portoroz den dritten Platz zu erkämpfen. Ihre Zeit für die zweimalige Stabübergabe betrug phantastische 13,8 s und war die mit Abstand beste Leistung aller 27 Damen- und Herrenmannschaften.

 

Bild 1 – Eine Mannschaft mit drei Springern hat die An-2 verlassen. Der Abstand zwischen ihnen beträgt zirka eine Sekunde.

Bild 2 – In stabiler Freifallhaltung liegt der zweite oder dritte Springer in der Luft, der Staffelstab ist fest in der linken Hand und die Arme bereits im „Delta-Stil“.

Bild 3 – Durch die Verkleinerung der Widerstandsfläche erreicht der Springer in der Abbildung eine höhere Sinkrate. Stabilität und die Steuerfähigkeit wird ausschließlich durch die Hände und Unterarme erzielt.

Bild 4 – Das Gleiten eines Springers in leichter Kopflage, also 30-45 Grad zum Horizont. Die Beine sind gestreckt und etwa gespreizt, die Arme entweder angewinkelt  oder nach hinten gestreckt.

Bild 5 – Das Abbremsen erfolgt durch die Streckung der Arme nach vorne, während die Beine in den Kniegelenken angewinkelt werden. Dadurch wird der Körper aufgerichtet.

(Bildquellen: Bild 2 Rudi Daum, Bild 1/3/4/5 AEROSPORT 1´1966)

Der Staffelstab wird bei deutlichem Stillstand sicher und gefahrlos Hand in Hand übergeben. Der Versuch, den Staffelstab zu fassen, wobei die Arme nach oben oder unten bzw. der ganze Körper seitlich gestreckt werden. führt langsam zur Zerstörung der Symmetrie der Körperhaltung und damit der stabilen Lage im Fall. Dabei einen Stab richtig und sicher zu übergeben, wird nicht gelingen. Besser ist es, einige zusätzliche Sekunden bis zum deutlichen Stillstand aufzuwenden, als den Staffelstab in einem zweiten Versuch mit bedeutend größerem Zeitaufwand zu übergeben. Wenn die Springer eine genügende Anzahl von Annäherungssprüngen durchgeführt haben, kann mit dem Training einer schnelleren Übergabe des Stabes begonnen werden. Beim Training der schnellen Übergaben bremsen die Springer die Horizontalgeschwindigkeit nicht ab und gehen direkt bis auf die Entfernung der ausgestreckten Arme. Bei Handberührung wird der Stab übergeben. Danach erfolgt das Trennmanöver. Sicher und gefahrlos ist es, wenn sich die Springer um 90° nach rechts oder links drehen und sich im Gleitflug 5-10 s voneinander entfernen, um dann ihre Fallschirme zu öffnen.

Springt eine Dreiergruppe, so wird ebenfalls nach diesem Prinzip verfahren. Der erste Springer erhält seinen Stab und kann sich von den anderen Kameraden entfernen und eine günstige Position zum Öffnen auswählen. Der zweite und dritte Springer sind noch mit der zweiten Stabübergabe beschäftigt und trennen sich später auf die oben beschriebene Weise.

Sprünge mit Annäherung und Stabübergaben sind kompliziert, und es können nur solche Springer dafür zugelassen werden, die perfekt im Figurenspringen sind und ihren Körper im freien Fall sicher beherrschen. Die Sprünge erfordern eine sorgfältige Bodenvorbereitung. Nur so gelang es der Frauenmannschaft der DDR, mit den Springerinnen Maria Lange. Bärbel Haufe und Birgit Hausdorf, in der Staffeldisziplin beim IV. Adria-Cup in Portoroz den dritten Platz zu erkämpfen. Ihre Zeit für die zweimalige Stabübergabe betrug phantastische 13,8 s und war die mit Abstand beste Leistung aller 27 Damen- und Herrenmannschaften.

Bild 6 – So sah eine Stafette mit drei Springern aus, die damals an der Adria gesprungen wurde.

Bild 7 – Zum Abschluss eines erfolgreichen Stafettensprung sollte die Mannschaft so nah wie möglich am Mittelpunkt des Zielkreises landen.

(Bildquellen: Bild 6 AEROSPORT 1´1966, Bild 7 Rudi Daum)

Einige Hinweise zum praktischen Sprungbetrieb: Alle Sprünge mit Annäherung müssen unbedingt mit Sturzhelm erfolgen.

In keinem Fall darf die frontale Annäherung mit Maximalgeschwindigkeit durchgeführt werden. Es sollen möglichst Lederhandschuhe benutzt werden, um die Steuerflächen zu vergrößern.

Beim Absprung verlässt der leichteste Springer zuerst die Maschine, der schwerste zuletzt, da ein schwerer Springer die Höhendifferenz schneller überwinden kann. Der obere Springer soll zuerst die vertikale Differenz überwinden und sich erst dann horizontal annähern, damit ihn der untere Springer schnell ins Gesichtsfeld bekommt und selbst aktiv manövrieren kann.

Der Annäherungswinkel soll möglichst flach sein, damit der untere Springer seine horizontale Lage beibehalten kann, wenn er den sich nähernden Partner beobachten will. Der Sturzhelm gestattet es nicht, den Kopf weit nach hinten zu beugen. Ansonsten müsste der untere Springer eine leichte Standlage einnehmen und würde sich rückwärts gleitend vom Partner entfernen.

Nach der 35. Sekunde darf aus Sicherheitsgründen keine Annäherung mehr versucht werden.

Nach der Übergabe und dem Trennen wird der Stab in die linke Hand genommen und gewohnheitsgemäß mit der rechten Hand der Abzugsgriff herausgezogen.

Der erste Springer ist zuerst mit den Übergaben fertig und öffnet auch als erster. Danach öffnet der zweite Springer vor dem dritten den Fallschirm, um eine Staffelung der Gruppe für die Zielannäherung zu gewährleisten. Das vorbereitende Training sollte wie folgt durchgeführt werden:

1.) 1-2 kombinierte Gruppensprünge mit 3-6 Springern aus 2500 m mit 40 s Verzögerung:
2.) 2-4 Doppel- und Dreiersprünge aus 2000-2500 m;
3.) 2-3 Sprünge mit Annäherung und Handberührung im freien Fall zwischen zwei Springern;
4.) 2-3 Sprünge mit 1-2 Staffelübergaben im freien Fall zwischen zwei Springern;
5.) Sprünge mit zwei Staffelübergaben im freien Fall zwischen drei Springern mit anschließender Ziellandung. 

                                                           Quelle:  Dieter Strüber (Verdienter Meister des Sports) „Die Fallschirmstafette“ aus der Zeitschrift  AERO-SPORT 1-1966