"Du fliegst wie ein Adler!"

8. Die finanzielle Seite des Fallschirmspringens 

Fallschirmspringen ist ein teurer Sport: Kosten für die Anschaffung und Wartung der Flugzeuge, Fallschirmtechnik und Ausrüstung, Betriebskosten für den Flugbetrieb, die Unterhaltung der Flugplätze und Objekte, Lohnkosten des hauptamtlichen Personals – allein für die GST. Wieviel das alles kostete, war sicher geheim. Es interessierte uns auch nicht. Das bezahlte alles „Vater Staat“. Natürlich waren wir zur sparsamen und pfleglichen Behandlung der uns anvertrauten Ausrüstung angehalten.

Erst 1987 hat das Bezirksausbildungszentrum Neuhausen bei der jährlichen Lehrerüberprüfung einige Zahlen gucken lassen:

Zu den Kosten für das Fallschirmspringen kamen die Ausfälle und Lohnkosten für die Betriebe. Nicht nur wir als Fallschirmsprunglehrer wurden für unserer ehrenamtliche Tätigkeit freigestellt, sondern jedes GST-Mitglied, dass zur Ausbildung oder zur Ausübung seines Sportes zu einem Lehrgang delegiert wurde, sollte von den Betrieben „freigestellt“ werden. Für die Schüler in den POS oder Berufsschulen bedeutete das „nur“ Unterrichtsausfall, den sie selbst nacharbeiten mussten. Für Berufstätige bedeutete das aber, Produktionsausfall für die Betriebe bei Weiterzahlung des Gehaltes, bei Arbeiter im Leistungslohn den Durchschnittslohn. Das heißt, wir mussten keinen Urlaub nehmen, um zu springen und bekamen sogar unser Gehalt weiter. Das war gesetzlich geregelt: Anfangs im Gesetzblatt 56/1953, dann im Gesetzblatt 4/1958 und später direkt im Arbeitsgesetzbuch.

Die Freistellungsanträge an die Betriebe stellte für jeden einzelnen Lehrgang der Bezirksvorstand aus, unterschrieben waren sie meistens vom Leiter Fliegerische Ausbildung. Im Einzelfall konnte der Betrieb auch wohl ablehnen – wegen schlechter Arbeitsleistungen oder weil der betreffende Kamerad gerade dringend im Betrieb gebraucht wurde. Aber das ist kaum vorgekommen. Ab 1981 forderte der Bezirksvorstand jährlich noch eine zusätzliche Beurteilung durch den Betrieb an. Damit wollte man aber wohl mehr „unsichere“ Mitglieder aussieben.

‚Um die Lehrgänge am Bezirksausbildungszentrum mit der notwendigen Anzahl an ehrenamtlichen Fallschirmsprunglehrer abzusichern, wurden 1973-1975 jährlich dreiseitige „Qualifizierungsverträge“ zwischen Bezirksvorstand, Betrieb und Fallschirmsprung-Lehrer abgeschlossen. Danach wurde ich 1973 für 30 Arbeitstage freigestellt, das sind immerhin 6 Wochen. Dazu kamen noch 4 Wochen Urlaub. In meiner Leitungsfunktion entstand kein „Produktionsausfall“ – einen Teil mussten die lieben Kollegen mit machen und der Rest blieb liegen, bis ich wieder da war. 1974 waren es 20 und 1975 nur noch 12 Arbeitstage – Auswirkung der verstärkten Ausbildung am Wochenende. Danach gab es wieder Einzelfreistellungen.

Was kostete mich das Fallschirmspringen? Als Student bezahlte ich für das Fallschirmspringen einen GST-Mitgliedsbeitrag von 25 Pfennige pro Monat und halbjährlich 1 Mark Versicherung, danach 1 Mark pro Monat und halbjährlich 1 Mark für die Versicherung. Ab 1968 bezahlte ich 2 Mark im Monat. Gleichzeitig fiel der Versicherungsbeitrag weg. Ab 1980 waren es nur noch 2 Mark im Vierteljahr.

Bei den Lehrgängen zahlten wir für Unterkunft und Verpflegung 2 Mark pro Tag „Essengeld“. Anderseits wurden uns die Fahrtkosten für Hin- und Rückfahrt erstattet: Bei Anreise mit Bahn und Bus die realen Kosten – bei Anreise mit Motorrad oder Pkw die analogen Bahn-/Buskosten.

Bildquellen: GST-Mitgliedsbuch Dietmar Soppart (+)

Ab 1980 wurde die Tätigkeit als Fallschirmsprunglehrer sogar vergütet. Durch den „kaderpolitischen Rausschmiss“ 1979 und die folgende Zentralisierung gingen dem Fallschirmsport eine ganze Reihe aktiver Fallschirmsprunglehrer verloren. Ob man damit die verbliebenen Lehrer „ködern“ und den notwendigen Lehrernachwuchs stimulieren wollte oder ob man endlich auch materiell anerkennen musste, welche hochwertige und verantwortungsbewusste Tätigkeit die ehrenamtlichen Fallschirmsprunglehrer leisten – wer weiß das schon?

Auf der Grundlage einer zweijährigen Leistungsvereinbarung wurde für einen Ausbildungstag in der Laufbahnausbildung und im Wehrsport eine Pauschalentschädigung von 30 Mark pro Ausbildungstag gezahlt. Als Ausbildungstag zählte eine Stunde Vorbereitung, sechs Stunden Ausbildung und eine Stunde Nachbereitung. Aber nur für bestätigte Fallschirmsprunglehrer, nicht für Assistenten. Daraufhin haben wir fleißig unsere Ausbildungstage im Ausbildungsnachweis dokumentiert und jährlich abgerechnet:

6.060 Mark für 202 Ausbildungstage in 10 Jahren, eine stolze Summe. Über das Geld haben wir uns gefreut. Aber ehrlich, wir hätten auch ohne Pauschalentschädigung weitergemacht.

Auch die Tätigkeit im Trainingszentrum (TZ) wurde in Form einer „Entschädigung für Übungsleiter“ vergütet. Ich erhielt für meine Funktion wie alle Übungsleiter 5 Mark pro Stunde, aber nicht mehr als 150 Mark im Monat. Wieviel ich damals insgesamt „verdient“ habe, würde ich heute gerne noch mal wissen. Nach zwei oder drei Jahren habe ich mich wohl aus dem TZ verabschiedet.

Eine weitere „Vergünstigung“ durch den Fallschirmsport war der schnelle und preisgünstige Zugang zur Fahrerlaubnis Klasse V über die GST. Nicht nur für mich, sondern auch für Waltraut. Zur Unterstützung der Ehepartner von aktiven Fallschirmsprunglehrern konnte Waltraut zusammen mit der Ehefrau vom Volkmar Buse über den Bezirksvorstand im Mai 1985 unkompliziert die Fahrerlaubnis Klasse IV machen und damit endlich auch unseren Trabi fahren. Im Gegensatz zu mir hat sie die Fahrprüfung auf Anhieb bestanden.