7. Neue und andere Herausforderungen (1967-68)

Gleich nach der Weltmeisterschaft in Leipzig nutzten die DDR-Fallschirmsportler das Areal für die Wettkämpfe des 3. Messe-Pokal. 48 Sportler, darunter Sportler der NVA und aus Bruno, ergänzten das Teilnehmerfeld. Sieger beim Zielspringen der Frauen wurde Petra Hänse aus Karl-Marx-Stadt und Hans Wolf vom SV Dynamo bei den Männern, der zugleich einen 2000. Sprung absolvierte.

Bekannte und neue Gesichter des Leipziger Messepokals 1966.
Ganz links der Sieger der Männer, Hans Wolf. Zwischen Maria Lange und Heinz Schaal sitzt der Zweitplatzierte des Wettkampfs, Wolfgang Rieding vom SV Dynamo.
Seit 1965 im Team von Dynamo, die ehemalige Fallschirmsportlerin des BAZ Magdeburg, Jutta Irmscher.

(Bildquellen: Bild 1 Hans Wolf (+), Bild 2 privat, Bild 3 AEROSPORT, Bild 4 Günter Gerhardt)

Im Zentralvorstand der GST übernahm Peter Thalacker die Verantwortung für die Fallschirmtechnik. In seiner kameradschaftlichen Art wurde er auf den Flugplätzen schnell bekannt und stellte sich den Anforderungen bei der Wartung der Fallschirme und in der Zusammenarbeit mit allen Bereichen in Seifhennersdorf. Besonders kreativ war sein Wirken für immer neue Fallschirmattraktionen bei Flugveranstaltungen.

Für seine journalistische Tätigkeit und jahrelange Berichterstattung über den Fallschirmsport in der zentralen Presse erhielt Alfred Rossner die Ehrennadel des Aeroklubs der DDR.

Die Dynamo-Mannschaft übernahm am Flugplatz-Eilenburg ihr neues Quartier. Moderne Unterkünfte, eine umfassende Infrastruktur und zudem ein ständig nutzbarer Luftraum waren ideale Bedingungen eine noch bessere leistungssportliche Arbeit.

Die FAI-Fallschirmsportkommission traf sich wieder in Paris zu ihrer Jahrestagung 1967. Das Travel-Board-Büro erteilte erstmals den DDR-Vertretern Degenhard Lück und Horst Brändel die Genehmigung zur Einreise nach Frankreich. Beide mussten einen ganzen Tag auf einer Bank vor dem Westberliner Büro verbringen, um dann eine Minute vor Büroschluss den Stempeleindruck in die Visa zu erhalten.

Die FAI-Zentrale, nahe dem Eifelturm, war zugleich das Hauptgebäude des französischen Aeroclubs. In den Tagungsräumen war der antiquierte Hauch der französischen Luftfahrtgeschichte zu spüren. Die Begrüßung der DDR-Vertreter war freundlich und voller Lob für die gut organisierte WM in Leipzig. Die Länder, die nicht in Leipzig dabei waren, hatten das Thema wohl abgehakt. In den Tagesordnungspunkten ging es schon wieder um die nächste Weltmeisterschaft in Österreich. Das Reglement von Leipzig wurde auch für 1968 Graz beibehalten. Der bisherige Präsident der Kommission Vincent Balesi hatte offensichtlich den Druck des starken militärischen Flügels im französischen Fallschirmsportverband nicht standgehalten und erklärte seinen Rücktritt. Kurz entschlossen stellte sich der Vize, General Iwan Lissow, zur Wahl und erhielt die Mehrzahl der Stimmen.

Im Frühjahr 1967 trafen sich in Leipzig nochmals über 60 Springer zum Nachtspringen. 4 neue Weltrekorde konnten gemessen werden. 50 Weltrekorde füllten inzwischen das beim Aeroklub der DDR geführte Rekordbuch, alle aufgeführt hätten den Rahmen dieses Beitrags weit gesprengt. Bei allem Respekt für die erbrachten Leistungen, das Interesse ließ sichtlich nach. Das Wettkampfgeschehen bot mehr Anreiz und war erlebnisreicher für die Akteure.

Sowohl Petra als auch ihr Mann Günter Gerhardt waren nicht nur im nationalen und internationalen Wettkampfgeschehen erfolgreich,
sie waren auch mehrfache Halter von Weltrekorden.

(Bildquellen: Bild 1 & 2 Dr. Dieter Strüber (+))

Mit dem Aufkommen der Generation der Gleitschirme, gestartet mit dem amerikanischen Para-Commander, war die Zeit der einfachen Rundkappenschirme, trotz vieler Steuerschlitze und Öffnungen, endgültig zu Ende gegangen. Völlig neue Konstruktionen zeigen sich am Himmel. Tatsächlich aus der NASA-Forschung hervorgegangen, der für den Personeneinsatz abgeleitete Rogallo-Flügel, kurze Zeit später der Barish-Flügel und der Flex-Wing. Diese Fallschirme hatten eine Rechteckform in Gestalt eines vorn offenen Flügels. Dann Kappen in Dreieckform, wie der Para-Wing und andere Lösungen. In Seifhennersdorf wurde fieberhaft an einer ähnlichen Konstruktion, dem neuen RL-6 geforscht. Sogar Versuche im Windkanal in Dresden gehörten zum Programm. Vincent Przybycin, der Fallschirmtüftler aus Zwickau, konnte dabei seine Ideen mit einbringen. An eine Serienfertigung war vorläufig jedoch nicht zu denken, denn die Probleme steckten im Detail. Bei einigen der neuen Konstruktionen gab es massive Öffnungsschwierigkeiten, da Teile der Kappe unterschlugen. Noch größer die Schwierigkeiten bei den jetzt erforderlichen Zielanflügen gegen den Wind, denn das Abbremsen des hohen Kappenvortriebes war noch nicht gelöst.

Der Experimentalfallschirm RL-6 aus dem Hause BEWES. Sie waren zusammen mit dem Rogallo-Flügel, Barish-Flügel oder dem Flex-Wing
ihrer Zeit weit voraus. Mit einer Kappenfläche von nur 28 m2 hatte er eineSinkgeschwindigkeit von nur 3,5 m/s bei einem Eigenvortrieb von 6,5 m/s.
Leider verlor die Kappe beim Abbremsen seine Stabilität und war damit für den Fallschirmsport nicht geeignet.

(Bildquellen: Bild 1 unbekannt, Bild 2 www.sprungbuchladen.de)

 

Beim DDR-offenen Wettkampf um den Pfingstpokal, so wurden die traditionsreichen Wettkämpfe jetzt benannt, siegte im Zielspringen Veronika Werk aus Halle und Wolfgang Rieding vom SV Dynamo. Im Figurenspringen dominierte Birgit Hausdorf und Günther Gerhardt.

Im Juli wieder der DDR-offene Wettkampf in Gera und im Zielspringen standen diesmal Barbara Karkoschka vom SV Dynamo und Dietmar Weber aus Karl-Marx-Stadt auf dem Treppchen.

Und schließlich der DDR-offene Wettkampf um den Messe-Pokal in Leipzig, mit 72 Wettkämpfern am Start. Hier gewann Gisela Adler von der GST-Auswahl und Hans Türke aus Leipzig, der erstmals vier Nullsprünge markierte, das Zielspringen.

Zum 5. Adria-Cup nach Portoroz war die DDR mit einer verjüngten Mannschaft gereist. Die Frauen erreichten einen 2. Platz im Gruppenspringen aus 1000 m und aus 1500 m reichte es unter 25 Mannschaften zum 4.Platz. Für das sportliche Auftreten der jungen Mannschaft, besonders das kämpferische Verhalten der verletzten Gisela Adler, vergaben die Veranstalter einen Fairplay Ehrenpreis. Bereits beim ersten Sprung zog sie sich schmerzhafte Verletzungen im linken Bein zu, aber ihr Kampfgeist war so stark, dass sie trotz des Handikaps weiter für das Team der DDR sprang. Damit setzte die neunzehnjährige Sportstudentin aus Hohenstein-Ernstthal den Grundstein des Teamerfolges bei diesem Wettkampf und bekam den größten Respekt sowohl von ihren Mitstreiterinnen, Mitstreitern und Trainern, als auch von den Sportlern anderer Nationen.

Die erfolgreiche Nationalmannschaft der DDR, die sich in Jugoslawien den 2. Platz erkämpfte.
v.l.n.r.: Petra Hänse, Brigitte Grellmann, Birgit Hausdorf und Gisela Adler, alle Kernmannschaft der GST.

(Bildquellen: Bild 1 AEROSPORT 10´1967, Bild 2 unbekannt )

Im September 1967 trafen sich die besten DDR-Fallschirmsportler zur 3. Deutschen Meisterschaft der DDR in Schönhagen. 108 Sportler, mit 22 kompletten Mannschaften bei den Männern und 8 bei den Frauen, hatten sich in den Starterlisten registrieren lassen, eine Rekordbeteiligung. Getreu dem neuen FAI-Reglement waren 8 Meistertitel zu vergeben. Diese gingen im Gruppenzielspringen an die junge GST-Auswahl der Frauen und bei den Männern an den SV-Dynamo. Mit nur 22 cm Zielabweichung erkämpften Birgit Hausdorf, Petra Hänse und Brigitte Grellmann zugleich einen neuen Weltrekord. Im Einzelzielspringen freuten sich Birgit Hausdorf und Lothar Garus über die Goldmedaillen. Das Figurenspringen entschied Barbara Bürger und Franz Täubrecht für sich. Die Absoluten Meistertitel gingen an Barbara Karkoschka und Lothar Garus. Trotz schwierigster Wetterbedingungen konnte die Meisterschaft mit dem vollständigen Programm beendet werden, wozu die gute Organisation unter Wettkampfleiter Horst Brändel und dem Hauptschiedsrichter Dieter Henze beigetragen hatten.

Die absoluten DDR-Meister des Jahres 1967 Lothar Garus (GST) und Barbara Karkoschka (SC Dynamo)

(Bildquellen: Bild 1 Günter Gerhardt, Bild 2 unbekannt) 

Die Dynamo- Sportler reisten nach Bulgarien zum Wettkampf „Goldener Sand“ in Warna. Bei einer Beteiligung von 45 Wettkämpfern aus vier Ländern, holte Barbara Karkoschka Gold im Einzelzielspringen und Bronze in der Gesamtwertung. Jutta Irmscher war im Wasserspringen mit dem 2.Rang erfolgreich und die Männer wurden schließlich Dritte in der Gesamtwertung. Gleich danach noch ein Wettkampf in der CSSR und Günther Gerhardt holte mit erneut drei Nullsprüngen den Sieg im Zielspringen.

Unter Leitung von Dieter Strüber (auf dem Bild rechts außen stehend) formierte sich ein erweiterter Kaderstamm mit den Sportlern Gisela Adler, Brigitte Streiber (geb. Grellmann), Petra Hänse, Gisela Storch (geb. Dietze), Barbara Bürger (geb. Haufe) und Birgit Hausdorf bei den Frauen, zum Männerteam gehörte Klaus-Peter Weidlich, Klaus-Dieter Nöhte, Hans-Günter Seibt, Karl-Heinz Wolf, Wolfgang Schmidt, Peter Rehberg und Rainer Wilde. Betreut wurde die Mannschaft ebenfalls von Lothar Garus (auf dem Bild unten ganz links).

(Bildquelle: Hans-Günter Seibt)

Für die Vorbereitung auf die nächste Weltmeisterschaft, musste für die Auswahlkader der DDR, unverzüglich eine Lösung des Fallschirmeinsatzes gefunden werden. Die Versuche mit dem RL-6 zogen sich immer mehr in die Länge und im noch verbleibenden Zeitfenster nicht mehr zu bewältigen. Dann Gespräche zur Beschaffung des UT-2, unsere Freunde in Moskau berichteten über eigene Probleme und eine Beschaffung über die offiziellen Handelswege hätte sehr viel Zeit gekostet. Gepaart mit den guten Beziehungen des SV Dynamo zum Hersteller der PTCH-Schirme, waren die Gespräche recht vielversprechend und kurze Zeit später lag die Zustimmung vor. In einer Nacht- und Nebelaktion fuhren Horst Brändel und Peter Thalacker zunächst nach Prag, um bei OMNIPOL die Handelsfreigaben zu bekommen, dann weiter nach Mlada- Boleslav zur Übernahme, der für die GST bestimmten PTCH-7. Auf der Rückfahrt noch ein Halt in Dresden und Peter Fischer drückte am häuslichen Kaffeetisch seinen PfL-Stempel in die Zulassungen. Die Dynamos waren ähnlich entschlossen und das Training mit den neuen Sportfallschirmen konnte aufgenommen werden.

Am Flugplatz Neuhausen wurde erstmals ein Fallschirmsport-Mehrwettkampf für jugendliche Springer ausgeschrieben. Neben Fallschirmsprungaufgaben, sollten beim Schießen mit dem KK-Gewehr Treffer erzielt und im Geländesport Hindernisse und Suchaufgaben bewältigt werden. Die Siegermannschaft aus Halle wurde vom Chef der NVA-Landstreitkräfte, Generaloberst Horst Stechbart als Schirmherr, persönlich beglückwünscht.

Bild links und Mitte: Der „neue“ Sport-Fallschirm, nun aus tschechoslowakischer Produktion, der PTCH-7.
Bild rechts: Die Mannschaften der Bezirke der DDR kämpften gemeinsam um den Pokal des Minister für Nationale Verteidigung.

(Bildquellen: Bild 1 Fliegerrevue 06´1971,  Bild 2 unbekannt, Bild 3 AEROSPORT)

Den erstmals ausgetragenen Jahreswettbewerb im Fallschirmsport gewannen Birgit Hausdorf und Wolfgang Rieding. Es konnten dabei Trainings- wie auch Wettkampfleistungen zur Wertung eingereicht werden. Eine B-Wertung für Nachwuchssportler scheiterte an zu wenig Beteiligung. Nach einer weiteren Folge 1968 erfuhr diese Wettbewerbsform keine Fortsetzung.

1967 konnte der GST-Fallschirmsport sein bisher erfolgreichstes Jahr verbuchen. Die Heranbildung der jungen Fallschirmspringer hatte an Qualität gewonnen und viele neue Ausbilder schafften gute Voraussetzungen für die Zukunft. Namen wie Karl-Heinz Wolf, Manfred Wuttig, Helmut Schulz, Hans Grimm, Inge Schäbitz, Erhard Kolditz, Werner Müller, Hermann Stracke, Wolfgang Schliebs, Ingo Zepernick, Hans Linde, Klaus Tscharntke, Wolf- Dieter Langer, Heinz Frischmann, Dietmar Weber, Manfred Wegler, Reinhold Falzmann. Rolf Buchner, Heinz Wolf, Peter Skubowius, Gerhard Hennig, Helmut Lampsargis, Klaus-Dieter Floßmann, Horst Fenske und Rudi Laß, sind nur eine kleine Aufzählung der erfolgreichsten Fallschirmsprunglehrer. 96 Leistungsabzeichen in Gold, 189 in Silber und 483 in Bronze konnten bisher vergeben werden.

Erfolg hat auch Gesichter – stellvertretend für die neue Ausbilderriege v.l.n.r.:
Klaus-Dieter Floßmann (BAZ Gera), Wolfgang Schliebs (BAZ Berlin), Helmut Lampsargis (BAZ Magdeburg) und Helmut Schulz (BAZ Leipzig)

(Bildquellen: Bild 1/3/4 AEROSPORT, Bild 2  unbekannt )

Im Zentralvorstand der GST ging die Ära von General Lohberger zu Ende, er war der Letzte der ehemaligen Spanienkämpfer an der GST-Spitze. Die Partei und Staatsführung forderte eine schärfere militärische Ausrichtung der GST. Generalmajor Günter Teller übernahm in Uniform das Kommando. Gleich vier weitere Offiziere, ebenfalls in Uniform, erhielten die Berufung zu Stellvertretern. Sofort wurde ein neues Regime eingeführt und die vormilitärische Ausbildung der Jugend zum Hauptziel erklärt. Damit konnte die GST aber nicht mobilisiert werden, es brauchte sportliche Aufhänger und im Rahmen des sogenannten Wehrsportes sollte Begeisterung entfaltet werden. Neben den olympischen Schießsport, nutzte die neue GST-Führung auch den Flugsport für diese Zwecke. Die zurückliegende Weltmeisterschaft im Fallschirmsport und die 1968 in Magdeburg vorgesehene Weltmeisterschaft im Motorkunstflug passten in dieses Vorhaben.

Wieder im Frühjahr 1968 traf sich die FAI-Fallschirmsportkommission in Paris und es gab keine Probleme bei der Visaerteilung. General Lissow leitete die Tagung recht gut, hatte aber so einige Probleme bei Diskussionen in der Fachspezifik. Die österreichischen Vertreter berichteten ausführlich über ihre Vorbereitungen zur WM in Graz, etwas überraschend baten sie die UdSSR, CSSR und DDR-Delegierten um die Bereitstellung von jeweils 2 Absetzflugzeugen AN-2.

Das Anliegen aus Österreich wurde DDR-seitig positiv bewertet, da einerseits gute Beziehungen zum Österreichischen Aeroclub bestanden und zudem Dr. Josef Gaisbacher amtierender Präsident der FAI war. Manfred Spenke und Horst Brändel reisten daraufhin nach Wien und Graz zur Besprechung aller Einzelheiten.

Für die zwei Wochen Weltmeisterschaft in Graz hatten sich 26 Länder mit 182 Sportlern gemeldet und damit war das Teilnehmerfeld wieder vollständig. Zur DDR-Frauenmannschaft gehörten Barbara Bürger, Barbara Karkoschka, Jutta Irmscher, Brigitte Streiber und Inge Kleinjung. Bei den Männern standen Günter Gerhardt, Walter Greschner, Hans-Peter Schmelzer, Wolfgang Rieding und Franz Täubrecht, im Team. Dazu die beiden Trainer Dieter Strüber und Günter Schmidt. Als Schiedsrichter war Werner Schmidt und als Medizinmann Dr. Jürgen Schmidt an Bord. Die gesamte DDR-Vertretung, wozu auch die beiden Flugzeugbesatzungen mit den Piloten Klaus Prodolsky und Horst Richter sowie der Busfahrer Walter Voigt gehörten, wurde von Horst Brändel geleitet.

Die Nationalmannschaften der DDR

Herren (v.l.n.r): Günter Schmidt (Trainer), Günter Gerhardt (Kapitän), Wolfgang Rieding, Franz Täubrecht, Walter Greschner, Hans-Peter Schmelzer und  Lothar Garus (Ersatzmann).
Damen (v.l.n.r.): Dieter Strüber (Trainer), Brigitte Streiber, Gisela Adler (Ersatzfrau), Barbara Bürger (Kapitän), Jutta Irmscher,  Ingeborg Kleinjung und Barbara Karkoschka.

(Bildquellen: unbekannt)

Beim Training zeigte sich bereits, dass keine Mannschaft sich auf waghalsige Experimente bei der Auswahl ihrer Fallschirme eingelassen hatte. Es dominierte der Para-Commander, PTCH-7, der UT-2 und der EFA-Olympic, alle in etwas aufgebesserter Form.

Als die französische Mannschaft zum Trainingssprung einsteigen sollte gab es die erste Aufregung der WM. Der Mannschaftsleiter, ein Oberst, verbot seinen Springern in die bereitstehende AN-2 mit dem DDR-Kennzeichen einzusteigen und forderte vom Veranstalter die Sprungreihenfolge zu ändern. Die Österreicher lehnten das freundlich ab und verwiesen auf das Reglement. Dann die Forderung die DDR-Kennung zu übermalen, erhielt die gleiche Ablehnung und dazu der Hinweis, dass im österreichischen Luftraum kein Flugzeug ohne Kennung fliegen darf. Nach einer guten Stunde stiegen die französischen Springer lachend in die AN-2, so wie sie eingeteilt waren.

Die Sowjetunion, die CSSR und die DDR wurden gebeten, durch die Gestellung der
Absetzflugzeuge vom Typ AN-2 die WM sicherzustellen.

(Bildquelle: www.ptsheritage.com)

Dann beginnt das Einzelzielspringen und läuft wie ein Krimi für alle Beteiligten und die Zuschauer ab. Bis zum dritten Durchgang lagen die DDR-Frauen ganz weit vorn und könnten nach den Medaillen greifen. Alle zeigten Nerven und Brigitte Streiber musste ihren Goldtraum im Sand des Zielkreises begraben. Ihre Tränen trockneten im böigen Wind und der Sieg ging an Helena Tomischkowa aus der CSSR. Viele Favoritenstürze auch bei den Männern, nur der Australier Colin King und der CSSR-Springer Jaroslaw Kalous, gingen nach vier Nullsprüngen in das Stechen. Das war erstmalig bei einer Weltmeisterschaft, ein echter Gewinn mit viel Spannung. Schließlich erkämpfte Kalous mit einem weiteren Nuller den Sieg. Ganz knapp landete Walter Greschner auf dem 4.Rang.

Beim Figurenspringen hatten sich die Schiedsrichter auf eine härtere Bewertung in der Ausführung der Komplexe verständigt und besonders die ganz schnellen Akteure bekamen die Rechnung. Gleich ohne Wertung ging der amtierende Weltmeister Krestjanikow ins Rennen. Trotz etwas mehr Besonnenheit in den Abläufen siegte Wladimir Gurni aus der UdSSR, gefolgt von seinen Mannschaftskollegen auf den Plätzen. Bei den Frauen konnte Tatjana Woinowa ihren Erfolg von Leipzig wiederholen. Zur großen Freude im Team der DDR, erkämpfte Barbara Bürger den zweiten Platz, gemeinsam mit Sussi Joerns aus den USA.

Barbara Bürger (Bild links) erkämpfte sich die Silbermedaille im Figurenspringen.
Rechts sind die beiden Weltmeister im Einzelzielspringen zu sehen, Helena Tomischkowa und Jaroslaw Kalous aus der CSSR.

(Bildquellen: Bild 1 Dr. Dieter Strüber (+), Bild 2/3 www.ptsheritage.com, Bild 4 unbekannt )

Im Gruppenspringen zeigten die DDR-Frauen ausgeglichene Leistungen, nach den drei Durchgängen reichte es nur zu Platz 6, die Weltmeisterehrung nahm die Mannschaft der CSSR entgegen. Im ersten Durchgang der Männer mussten viele Mannschaften beträchtliche Zielabweichungen vermessen lassen. Nur das DDR-Team meisterte die böigen Winde und ging in Führung. Nach zwei weiteren nervenstarken Durchgängen nahm sie den begehrten Weltmeistertitel entgegen.

Weltmeister im Gruppenzielspringen der Herren wurde die DDR vor den USA (im Bild vorne) und Großbritannien.
Die Lady im Bild rechts ist Anne Zurcher aus den USA, Drittplatzierte im Einzelzielspringen und in der Gesamtwertung.

(Bildquellen: Magazin „PARACHUTIST“ 10´1968)

Den Absoluten Weltmeistertitel in der Einzel- und Mannschaftswertung der Frauen holten sich die Frauen der UdSSR, dazu den Einzeltitel der Männer. Gesamtmannschaftssieger der Männer wird die USA, den dritten Platz das Team der DDR.

Zum Abschluss der WM das Schauspringen der Nationen. Die DDR-Männer führten den neuen DDR-Gleitschirm RL-6 vor und landeten vor den staunenden Zuschauern im Sprungzentrum. Viel Beifall und Bewunderung mit Kaufangeboten.

Der Österreichische Aeroclub hatte eine gute Weltmeisterschaft nach den Regeln der FAI organisiert und viel Anerkennung erworben. Sie entsprach den Möglichkeiten einer kleinen Sportorganisation, ohne Zugriff auf große Töpfe aus dem Staatshaushalt. Ein Plus für die Veranstalter war die Umgebung des Flugplatzes Graz-Thalerhof mit dem Alpenpanorama und der historisch schönen Landeshauptstadt Graz, inmitten der Steiermark. Mit seiner echt österreichischen Art sorgte der Stadionsprecher Gernot Reinitzer, für sachkundige Unterhaltung der Zuschauer und überbrückte so manche Wartepause. Zur Überraschung der 53 Teilnehmerinnen hatte die Firma Katex aus Köflach allen ein Steierdirndl im modischen Trent überreicht.

(Bildquelle: www.ptsheritage.com)

Es ging schon langsam um die Heimreise, als sich vor dem Mannschaftszelt der CSSR eine große Menschenmenge versammelte. Dann sickerten die ersten Nachrichten durch, die Sowjetunion war mit Truppen in die CSSR einmarschiert um den „Prager Frühling“ endgültig zu beenden. Die Stimmung heizte sich immer mehr auf, auch einige DDR-Mannschaftsmitglieder wurden von Fremden beleidigt. Eine Rückreise über die CSSR war undenkbar geworden, das sich nach einer Rücksprache mit der DDR-Handelsvertretung in Wien bestätigte. Nochmals mit Proviant versorgt fuhr die DDR-Mannschaft mit ihren Ikarus-Bus nach Budapest. Die beiden AN-2 flogen ebenfalls unbehelligt zum Flughafen der ungarischen Hauptstadt. Vor der DDR-Botschaft hunderte Trabant und Wartburg mit ratlosen Urlaubern auf den umliegenden Straßen. Hier war keine Hilfe zu erwarten und weiter ging es zum Flughafen. Das Verhalten der ungarischen Bediensteten konnte nicht eisiger sein, um uns los zu werden, erfolgte schließlich die Betankung der beiden Flugzeuge und die Flugfreigabe auf einer Tiefflugstrecke nach Warschau. Der obere Luftraum war wegen der militärischen Operationen gesperrt. Mit der DDR-Mannschaft an Bord, ging es bei Sturm und Regen durch die Karpaten über Lwow zum Zwischenziel. Den beiden Piloten, und nicht nur ihnen, standen Schweißperlen auf der Stirn. Die letzte Etappe von Warschau nach Berlin war dann keine große Hürde mehr. Der Bus, mit Walter Voigt am Lenkrad, dazu Werner Schmidt und Dr. Jürgen Schmidt, hatten die gleiche Strecke zu bewältigen und erreichte nach 8 harten Tagen ihr Ziel. Die Mannschaft hatte vorher ihre Taschen umgekrempelt und die Geldsumme reichte der Bustruppe zum Überleben.