3. Es geht langsam los (1955-60)

Nach mehrfachen Bitten und Anfragen es GST-Zentralvorstandes übernahm schließlich Oberst Pjotr Schilkow, als Beauftragter der sowjetischen DOSAAF, am Flugplatz Neuhausen die Leitung des ersten DDR-Lehrgangs mit tatsächlichen Fallschirmsportgeschehen. Er hatte zuvor in Schönhagen auch den ersten öffentlichen Fallschirmsprung in der DDR aus einer PO-2 absolviert. Nach der obligatorischen Bodenausbildung und Packübungen mit den mitgebrachten zwölf Fallschirmen PD-47 und Rettungsschirmen PS-41a ging es schnell zur Sache. Die 15 Teilnehmer bestiegen bald die ebenfalls mitgebrachte Li-2 und Horst Mrosowski durfte als erster DDR-Fallschirmspringer, am 7. Juli 1956 an die Absetztür treten. Alle machten es ihm nach und die einzige Teilnehmerin, die Berlinerin Waltraud Schäfer, zeigte den Männern weiblich Stärke und Unerschrockenheit. Nach zahlreichen Sprüngen mit sofortiger Öffnung stellte sich langsam das Gefühl fürs neue Umfeld ein und bald standen Verzögerungssprünge auf dem Programm. Schilkow war nicht zu bremsen und ein Nacht- und ein Wassersprung in den Schielochsee bildeten die Höhepunkte der aufregenden Tage in Neuhausen.

Verdienter Meister des Sports
Oberst Pjotr Schilkow.

Horst Mrosowksi aus Karl-Marx-Stadt.

Waltraud Schäfer aus Berlin.

Mit der Weiterführung des Lehrganges in Schönhagen übernahm der energische Wassili Marjutkin die angehenden DDR-Akteure. Selbst am Steuer einer PO-2 sitzend flog er anfangs die Springer auf Absetzhöhe und die Verzögerungszeiten wurden immer länger. Eine eingesetzte AN-2 beschleunigte die Sprungfolge beträchtlich und so konnten insgesamt nahezu 900 Sprünge absolviert werden. Wegen des akuten Mangels an Sprungfallschirmen in ließ man sich hinreißen und packte unter der Flagge „Erprobungen“ Rettungsfallschirme MPLK- 49 für das Springen. Hatte Blessuren Nachwirkungen über Jahre waren das Ergebnis. Alle Teilnehmer erhielten die begehrte Lehrerberechtigung und als Krönung dieses Auftakt des erzielten elf Springer eine Bestleistung mit einem Absprung aus 3000 m Höhe bei 50 Sekunden Verzögerungszeit.

Der sowjetische Meister des Sports Wassili Marjutkin von der DOSSAF.

Waltraud Schäfer besteigt das Absetzflugzeug, als Absetzer sitzt Marjutkin bereits in der PO-2.

Demonstrationsspringen mit dem Rettungsfallschirm MPLK-49.

Teilnehmer des ersten Lehrganges waren:
Berlin – Günter Schmitt, Günter Schmidt, Waltraud Schäfer, Dieter Henze, Ludwig Bönsch
Karl-Marx-Stadt – Horst Mrosowski, Werner Hannawald, Hans Buchholz
Dresden – Werner Liebert, Egon Stössel, Egon Grader
Halle – Wolfgang Laue
Rostock – Udo Varchmin

Fallschirmspringer des 1. Lehrgangs steigen über eine sehr wacklige Leiter in das Absetzflugzeug Li-2, welche die sowjetische DOSSAF zur Verfügung gestellt hat.

Nahezu parallel zu diesen Anfängen der DDR wurde in Moskau / Tuschino die 3. Weltmeisterschaft im Fallschirmsport veranstaltet. Natürlich wieder mit Ziel-und Verzögerungssprüngen. Bei den sogenannten Stilsprüngen mussten erstmals vier Drehungen um 360 Grad im Wechsel gezeigt werden. Auch das Gruppen-Zielspringen mit jeweils drei Frauen und vier Männern gewann einen festen Platz im WM-Geschehen. Die Zeit der quadratischen und Dreieckfallschirme war zu Ende gegangen, runde Kappen mit rückwendigen Öffnungen sorgten für einen besseren Vortrieb und mittels Steuerleinen konnten diese auch noch in Richtung Zielmittelpunkt beeinflusst werden. Die neuen Fallschirme T-2 aus der UdSSR und PTCH-1 aus der CSSR sorgten dabei für die Aufsehen und waren eine Grundlage dafür, dass die Mannschaften dieser beiden Länder sich die Siegertrophäen teilen konnten. Die Bulgaren schafften es auf die dritte Plätze, während die westlichen Länder, selbst Frankreich und die USA, abgeschlagen ihre Landungen vollzogen.

Noch ohne richtiges Reglement stellten die begeisterten DDR-Akteure eine Bestleistung nach der anderen auf. Rekorde machten in der einschlägigen Presse Schlagzeilen und mit etwas Wunschdenken wurde die erste Kernmannschaft, wie sie sich damals so nannte, berufen. Anfangs Werner Liebert und später Horst Mrosowski übernahmen die Verantwortung, sie als Trainer zu bezeichnen wäre wohl etwas zu hoch gegriffen.

Bei der Sportvereinigung Dynamo im übernahm Günter Schmidt (Beppo) die Zügel in die Hand und bildete eine eigenständige Sportmannschaft. Heimstadt war zunächst der im Osten von Berlin gelegene Flugplatz Eggersdorf-Müncheberg. Anita Storck, Achim Heiser, Rolf Biehl, Hans Wolf, Werner Nagel, Heinz Schaal und Ludwig Bönsch machten bald mit gediegenen Leistungen und zahlreichen Rekordversuchen auf sich aufmerksam. Wie auch in allen späteren Jahren stellte die Nationale Volksarmee dazu Absetzflugzeuge AN-2, von der Basis Strausberg aus, zur Verfügung. Der eingeschlagene Weg, Fallschirmleistungssport in zwei verschiedenen Bereichen, der GST und des SV Dynamo, aufzubauen war wohl zuerst unbewusst, der bildete jedoch eine wichtige Triebfeder der zukünftigen Entwicklung im Leistungssport.

Werner Liebert (rechts) im Bild
mit Günter Schmitt.

Die Sportmannschaft des SV Dynamo mit Hans Wolf, Achim Heiser, Anita Storck,
Rolf Biehl und Heinz Schaal.

Um den Fallschirmsportgeschehen stärkere Impulse zu geben und zielgerichteter zu gestalten und berief die GST-Führung unter Leitung von Werner Liebert eine zentrale Fallschirmsportkommissionen. Trotz großer Worte war wenig an Bewegung zu erkennen die Kommission schlummerte ziemlich tatenlos vor sich hin. Mit der kleinen an Fallschirmsprunglehrern war natürlich noch keine Breite zu erreichen. Neuausbildungen für die südlichen Bezirke in Karl-Marx-Stadt und das Berliner Umfeld in Eggersdorf-Müncheberg waren da schon ein kleiner Fortschritt. Mit der inzwischen GST-eigenen AN-2 (DM-WCZ), geflogen von Klaus Prodolsky, sowie den von der DOSAAF überlassenen Fallschirmen wurde durch die Lande gezogen und das Fallschirmspringen für die örtlichen Gruppen möglich gemacht.
Der ständige Wechsel der Bezeichnung der Ausbildungsstätten, von Ausbildungsstützpunkt zu Flugsportklubs der Bezirke oder Häuser der Ausbildung, erbrachten kaum praktische Nutzen. Sie waren mehr Aktionismus von Funktionären, den politischen Ereignissen der damaligen Zeit geschuldet. Erst die Einrichtung von Motorflugzentren an den Flugplätzen in Neuhausen, Riesa, Leipzig, Zwickau und etwas später in Magdeburg, Halle und Rostock, gaben dem DDR Fallschirmsport eine neue Basis. Neben den hauptamtlichen in Fluglehrer- und Technikerpersonal nahmen dort auch Fallschirmwarte, für die Wartung der Motor-Rettungsfallschirmen, ihre Tätigkeit auf. Namen wie Wolfgang Laue, Siegfried Lehmann, Vincent Przybycin, Walter Stiller und Horst Brändel gehörten da zur Nullserie. Die Ausbildung der ersten GST-Fallschirmwarte in Schönhagen war einer Kommandierung von Stabsfeldwebel Herbert Regell zu danken. Dieser volksnahe Mann gestaltete die Ausbildung, weit ab von seinen Dienstvorschriften, mit allen Späßen die so in Kasernen üblich waren. Beim Durchlaufen der schon arg ramponierten zwölf Sprungfallschirme an den Motorflugplätzen wurden diese von den dortigen Fallschirmwarten immer einer gründliche Pflege unterzogen und so konnte das wertvolle Gut noch lange Zeit halten werden. Um den Überblick zu behalten und neue Impulse zu setzen kam es 1957 erneut zur Bildung einer Fallschirmsportskommission. Diesmal übernahm Günter Schmitt den Vorsitz, der zugleich als erster hauptamtlicher Sektorenleiter für Fallschirmsport in der GST berufen wurde. Neben Axt und Säge konnte der gelernte Zimmermann auch gut mit der Feder umgehen. In der Zeitschrift „Flügel der Heimat“ veröffentlichte er zahlreiche Artikel über die aktuellen Themen des Fallschirmsports, die Zielsprungtaktik und das Verzögerungsspringen. Der trug die wegen der zwei „tt“ im Nachnamen schnell den Zusatz „Kreuzelschmitt“. Später, wegen seines Vorwärtsdranges, auch noch den Beinamen „Der Löwe“. Leider wurde seine erfolgreiche Arbeit durch einen schweren Sprungunfall im Ausland jäh unterbrochen. Die Fangleinen eines Fallschirmes hatten sich beim Ausschlaufen mit seinen Beinen verfangen und er konnte nie wieder einen Fallschirm umlegen. Zuvor war ihm noch das Fallschirm-Leistungsabzeichen Nr. 1 und der Ehrentitel „Meister des Sports“ verliehen worden.

Stabsfeldwebel
Herbert Regell vom ASV Cottbus.

Zeitschrift „Flügel der Heimat“,
später AEROSPORT und Fliegerrevue.

Günter Schmitt aus Berlin.

Wieder laut Statistik, konnte 1957 etwa 16 000 Sprünge von den Sprungtürmen und etwas über 1000 Sprünge aus Flugzeugen absolviert werden. Nahezu 200 Fallschirmspringer haben dabei das tatsächliche Fallschirmspringen erlebt. Im Jahr danach waren es schon in 3360 Sprüngen, die Zahl der Turmsprünge halbierte sich. Wie in anderen Sportarten, hatte das staatliche Komitee für Körperkultur und Sport, Normen für die Sportklassifizierung erlassen und sofort begann ein Rennen um die gesetzten Leistungsziele. Der Titel „Meister des Sports“ war natürlich der höchste Ansporn.
Um den Umgang mit Lizenzen und Berechtigungen besser zu regeln, veröffentlichte die Hauptverwaltung für Zivilluftfahrt der DDR (HVZL), anfangs in Dresden und dann mit Sitz in Berlin-Schönefeld, „die Ordnung für das Erlaubniswesen“. Für die Facharbeit war Harald Pietsch zuständig, der in der GST seine Ausbildung zum Fallschirmsprunglehrer erhalten hatte. Der GST-Zentralvorstand erhielt eine Bevollmächtigung und konnte in einer eigens eingerichteten Abteilung, Lizenzen und Berechtigung für alle Flugsportarten ausstellen und verlängern. Im Fallschirmsport wurde dazu ein neues, aus den bisherigen Erfahrungen erarbeitetes Ausbildungsprogramm eingeführt und es bildete fortan die Grundlage für die Lizenzerteilung. Aus Sicherheiterwägungen war im Programm die zusätzliche Öffnung des Rettungsfallschirmes festgeschrieben. Jeweils beim dritten Sprung musste der angehende Fallschirmspringer das Rettungsgerät zum bereits geöffneten Hauptschirm öffnen und zur Entfaltung bringen. Damit sollten die Handlungen im Notfall besser automatisiert sein.

Werner Schmidt bei der theoretischen Ausbildung.

Zusätzliche Öffnung des Rettungsfallschirms PS-41a

… und des Rettungsfallschirms PZ-47.

Ebenfalls in Berlin-Schönefeld nahm der Flugmedizinische Dienst der DDR seine Tätigkeit auf und legte die Tauglichkeitsrichtlinien für alle Luftsportbereiche fest. Der Leiter, Dr. Günter Fiedler und besonders Dr. Jürgen Schmidt, waren bei den anstehenden Fragen des Fallschirmsports sehr kooperativ und förderten die Leistungssportentwicklung unter medizinischen Aspekten. Der internationale Fallschirmsport hatte sich inzwischen, die wie in anderen Sportarten auch, auf einen Zwei-Jahres-Zyklus eingespielt. 1958 war die CSSR, mit dem Austragungsort Bratislava, Ausrichter der 4. Weltmeisterschaft. Die UdSSR ließ anbrennen und belegte in allen Gesamtwertungen die ersten Plätze. Neben den CSSR- Sportlern und Bulgariens, tauchte als neue Kraft die Vertretung Polens in den vorderen Wertungen auf. Der durchgehende Übergang zu runden Fallschirmkappen, mit Öffnungen zur Erhöhung der Vortriebskraft, war unverkennbar. Erstmals reiste eine DDR-Vertretung zu Vergleichswettkämpfen nach Rjasan in die UdSSR, an der auch eine Mannschaft aus Polen beteiligt war. Die Rückstände waren noch beträchtlich. Lediglich Werner Hannawald konnte mit seinem PD-47 einmal weiter vorne auftauchen. Für den DDR-Fallschirmsport war von Vorteil, dass in immer breiteren Umfang in Bekleidungswerk Seifhennersdorf, Sprung-und Rettungsfallschirme hergestellt werden konnten. Die recht leistungsfähige Textilindustrie lieferte dazu die geeigneten Gewebe. Alle benötigten Rettungsfallschirme für den Segelflug, Motorflug und Fallschirmsport und kamen in kurzer Zeit aus Seifhennersdorf. Bei den Sprungfallschirmen Iief lange Zeit der Nachbau des bekannten PD-47, bis eigene Entwicklungen die Produktion ausmachten. Für alle Genehmigungsverfahren und Zulassungen für die Fallschirmtechnik war die Prüfstelle für Luftfahrtgeräte, mit Sitz in Pirna, zuständig. Der Stände mit dem Kürzel „PfL“, vom Prüfingenieur Peter Fischer eingedrückt, durfte in keiner Fallschirmzulassung fehlen. Nicht nur die Fallschirmtechnik aus Seifhennersdorf musste die Zulassung durchlaufen sondern auch Importe. Hier wurde aber in der Regel das Prüfsiegel der ausländischen Prüfstellen anerkannt.
Zulassungsstempel PfL auf der Kappe eines PD-47 (unten links)
Nachdem bereits an mehreren Flugplätzen Qualifizierungsehrgänge liefen, war der Ausbildermangel, zur Betreuung der sich neu bildenden Sprunggruppen, immer noch ein großes Problem. Im September 1959 nahm an der Flugsportschule Schönhagen gleich 49 Teilnehmer, darunter acht junge Frauen, ihre Lehrerqualifikationen in Angriff. Die damals acht besten Ausbilder sorgten für einen vollen Erfolg des dreiwöchigen Lehrgangs. Die materielle Sicherstellung war mit zwei AN-2 (DM-WCZ und WCY), sowie 78 Sprungfallschirmen PD-47 aus eigener Produktion und 32 Sportschirmen T-2 aus der UdSSR, mehr als ausreichend. Zur Erhöhung der Sprungsicherheit konnte zudem der Höhenauslöser KAP-3 eingesetzt werden. Der Lehrgang in Schönhagen hatte etwas den Geruch von Abenteuer und frohes Jugendleben, die Mädchen einer nahegelegenen Landwirtschaftsschule waren abends oft zu Gast, aber bei den täglichen Sprungauswertungen ging es hart zur Sache. Eine Doktrin der DDR Führung folgend, mithilfe des Sports internationale Anerkennung zu finden, war es ein folgerichtiger Schritt den Aeroklub der DDR zu bilden. Der Aeroklub sollte besonders in der Internationalen Luftfahrt-Föderation (FAI), die Interessen der DDR-Luftsportler, in Vertretung der GST, der Sportvereinigung Dynamo und der Armeesportvereinigung wahrnehmen. Dank seiner Initiativen für dieses Projekt wählte das gebildete Präsidium Heinz Schubert als Präsidenten und Degenhard Lück als Generalsekretär. Beide waren leitende Funktionäre im Zentralvorstand der GST. Als einen der ersten Arbeitsschritte erließ das neue Präsidium das Regelwerk für die Leistungsabzeichen der DDR und die Bestimmungen für Rekorde. Die Bildung des Aeroklubs war bereits früher vorgesehen, musste aber nach sportpolitischen Verunsicherungen vertagt werden. Der Aeroklub keine unabhängige Vereinigung, er unterlag der Kontrolle der GST-Führung. Allerdings glichen sich die Ausbildungsprogramme und Leistungsabzeichen den Formen der FAI an.

Medaille des AEROKLUBS der DDR.
(Ehrengeschenk)

Fallschirmsprungabzeichen

Fallschirmsprung-leistungsabzeichen in der Stufe Silber des AEROKLUBS der DDR

Zur Verbreiterung der Fallschirmsportbasis in den Bezirken kaufte die GST zwölf Flugzeuge L-60 (Brigadyr) aus der CSSR-Produktion. Jeweils drei Springer konnten darin Platz finden und der Einsatz lief zunächst recht gut an. Für die gerade einmal umgeschulten Piloten war es eine Herausforderung, gleichzeitig auch noch die Springer an den richtigen Absprungpunkt zu fliegen. Der Fallschirmsport nahm richtig Fahrt auf, zumal die Ferienzeiten in den Schulen und Wochenenden besser genutzt werden konnten. Einige Funktionäre und Leute aus der Propaganda nahmen das Wort „Massensport“ in den Mund, eine Illusion wie in allen anderen Ländern auch und so ist es bei aller Begeisterung für den Sport auch geblieben.

Das leichte Mehrzweckflugzeug L-60 „Brigadyr“ aus der CSSR.

Neben den zahlreichen Rekordversuchen der GST-Springer und der SV Dynamo entwickelten sich Ansätze für ein nationales Wettkampfgeschehen. In Gera organisierte der Gebietsvorstand Wismut den 1. Bezirkswettkampf. Die Mannschaft aus Dresden, mit den Springern Manfred Schmidt, Lothar Garus, Günter Heinze und Horst Brändel, sowie den Frauen Ursula Henke, Gisela Hänel und Gisela Hartmann, konnte mit den T-2 Fallschirmen schon recht gut umgehen und belegten die ersten Plätze. Gleich danach der erste DDR-offene Wettkampf in Görlitz mit zehn Frauen und 29 Männern am Start. Es war zugleich der erste direkte Vergleich der Sportler der GST und des SV Dynamo. Der Gesamt-Einzelsieg ging bei den Frauen an Gisela Hartmann aus Dresden und bei den Männern an Günter Schmidt vom SV Dynamo. Die Leistungen in den Disziplinen waren ausgewogen, wobei es bei Verzögerungsspringen noch viele Schwachstellen gab. Bei den Wettkämpfen in Görlitz fungierte unter der Regie von Dieter Henze erstmals ein größeres Kollektiv von Schiedsrichtern. Wegen seiner guten Arbeit war er einige Jahre als „Hauptschiedsrichter“ gesetzt und führte die regelmäßige Schulung der Schiedsrichter ein. Ihm zur Seite stand der Dresdner Hans Mehlhorn, der nicht nur die Wettkampfbulletins mit den Ergebnislisten betreute, er bereicherte sie auch noch mit vielen lustigen Zeichnungen.

Günther „Beppo“ Schmidt aus Berlin.

Der sowjetische Sportfallschirm T-2.

Gisela Hartmann aus Dresden.

Die Sportler des SV Dynamo hatten sich gut organisiert und Beziehungen zum Fallschirmsport der CSSR aufgebaut und aus Anlass eines Vergleichsspringens in Eggersdorf sogar den neuesten Sportfallschirm PTCH-3 kennengelernt. Diese Schirme hatten gleich zwei Öffnungen, die noch mehr Vortrieb ermöglichten und im Steuerverhalten für lange Zeit den internationalen Maßstab bildeten. Die gute Zusammenarbeit des SV Dynamo mit der Springerelite der CSSR setzte sich auch im Bereich des GST-Fallschirmsports fort. Die Nachbarn schickten die Trainer Jindrich Kabela und Borivoi Vejvara zu einem zentralen Lehrgang nach Riesa und dieser vermittelten dort ihre Erfahrungen in der Beherrschung des freien Falls und in den Figurenspringen. Beides waren Voraussetzungen um zukünftig am internationalen Sport teilhaben zu können. Manfred Schmidt als Lehrgangsleiter versuchte alles, so viel wie möglich an Lernstoff und praktische Fähigkeiten für seine 15 Springer herauszuholen. Lothar Garus schaffte es als jüngster Teilnehmer bis zum kompletten Figurenkomplex mit Drehungen und Salto. Es zeigte sich immer mehr, gast die Beherrschung des Figurenspringens und dazu in immer schnelleren Zeiten, sportlich trainierte Springer erforderte.

Der Sportfallschirm PTCH-3,
eine Produktion von KRAS Chornice (CSSR).

Stilsprunglehrgang auf dem Flugplatz Riesa-Göhlis (20.10. – 12.11.1960) –
v.l. Werner Hannawald, Wolfgang Laue, Georg Langer, Günter Heinze und Jindrich Kabela aus der CSSR.

Ein Lehrbuch über
theoretische Grundlagen.

„Sportsprünge mit dem Fallschirm“ lautete der Titel eines neuen Buches von P. Antonow, das als Übersetzung in der DDR erschien. Es sollte das Leistungssporttraining fördern und im effektiveren Formen lenken. Bereits bei kleineren Flugsportveranstaltungen verfolgten hunderte begeisterte Zuschauer die Aktionen zwischen Himmel und Erde. Beim ersten DDR-offenen Wettkampf in Görlitz waren es schon einige Tausend, die ihre Köpfe in den Nacken legten. Die beiden Großflugtage 1960 auf den Elbwiesen in Dresden und in Leipzig-Mockau, mit aktiver Unterstützung aus der CSSR, waren schon luftsportliche Großereignisse, mit beträchtlichen organisatorischen und logistischen Herausforderungen.

– Impressionen vom Großflugtag am 19.07.1959 auf den Elbwiesen in Dresden –
Sprungvorführungen mit dem Fallschirm PD-47 und T-2 durch Springer der GST sowie Akrobatik am Fallschirm
durch Fallschirmspringer der tschechoslowakischen Bruderorganisation SVAZARM.

Die Sicherheit des Fallschirmspringers erforderte immer mehr Aufmerksamkeit. Verletzungen bei den Landungen, aber auch ernsthafte Vorfälle, wie die sogenannte Brötchenbildung, bei der sich Fangleinen über die sich die eröffnete Fallschirmkappe geworfen hatten, oder Verschlingung des Sprung-und Rettungsfallschirms bei der Öffnung, waren da schon harte Warnzeichen. Zudem kamen auch noch technische Probleme, wie das Abreißen von Öffnungsstiften von den Aufzugsleinen und Rissbildungen und Verbrennungen an den Fallschirmkappen aus Kunststoffen. Dessen mussten die ersten sehr traurigen Ereignisse verkraftet werden. Die Industrie arbeitet fieberhaft an Lösungen, andererseits war mehr Ordnung im fallschirmsprungbetrieb gefordert. Mit etwas Druck setzten sich Herbert Wagner, Werner Schmidt und Werner Hannawald im Zentralvorstand der GST an den Schreibtisch, um die erste Fallschirmsprungbetriebsordnung (FSBO) zu Papier zu bringen. Wie bei allen anderen Regelwerken war auch hier die Handschrift unsere tschechischen Freunde zu erkennen. Mit etwas Gerangel gab schließlich auch die Hauptverwaltung für Zivilluftfahrt ihre Zustimmung.