16. Leichter Aufwind (Teil 2 - 1986)
Die FAI-Fallschirmsportkommission tagte 1986 in Ankara. Der Türkische Aeroclub wollte seine Vorbereitungen auf die bevorstehende Weltmeisterschaft präsentieren und der FAI ein Zeichen seiner Aktivitäten setzen. Dr. Uwe Beckmann leitete die Tagung, an der sich 35 Ländervertreter beteiligten. In einer langen Darlegung informierte er über Gespräche mit Vertretern der Exekutive des IOC, zu einer Zulassung des Fallschirmsports als Demonstrationssportart bei den Spielen 1992/96. Dazu sollte ein Programmvorschlag erarbeitet werden.
Die türkischen Vertreter stellten ihre Vorhaben zur Organisation der WM in den klassischen Disziplinen vor und unterbreiteten die Programmvorschläge mit Finalrunden am Ende der Mindestdurchgänge. Nach den Empfehlungen der FAI-Generalkonferenz sollten erstmals Weltmeistertitel in den Juniorenwertungen vergeben werden. Das Höchstalter wurde auf 24 Jahre festgeschrieben und Voraussetzung ist die Teilnahme von mindestens fünf Ländern in den jeweiligen Wertungen. Als Chefschiedsrichter erhielt Richard Bennett aus Kanada erneut das Vertrauen. Die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 1988 sollte der Schwedische Aeroclub übernehmen.
Die anstehenden Weltmeisterschaften im Formationsspringen sollten 1987 in Brasilien und 1989 in Japan stattfinden. Nach der Kappenformationsmeisterschaft 1986 übernahm der Französische Fallschirmsportverband, die Ausrichtung für 1988. Auch das Para-Sky-WM-Geschehen hatte sich eingespielt und die Alpenländer wechselten sich ab. Jugoslawien brachte die Veranstaltung von Europameisterschaften erneut auf die Tagesordnung und präsentierte sich als Veranstalter für die klassischen Disziplinen. Unter dem Eindruck vieler Unfälle bildete die CIP eine Arbeitsgruppe, um Sicherheitsgrundsätze zu empfehlen.
Für seine langjährigen Erfolge wurde Bernd Wiesner das Leonardo-da Vinci-Diplom verliehen.
Auch 1986 besuchten ausgewählte Sportler des FSC-Oppin bereits im März-April ein Trainingslager im wetterbegünstigten Kasanlik in Bulgarien. Das gemeinsame Training mit den bulgarischen Auswahlkadern war sehr erfolgreich und im Gegenzug waren die bulgarischen Sportler beim Wettkampfauftakt in Oppin dabei.
In den Bezirken regte sich das Interesse an sportlichen Vergleichen und mehrere kleine Wettkämpfe wurden gestartet. Der Thüringenpokal war dabei einer der Leuchttürme. Die sportlichen Begegnungen in Cottbus und Dresden nahmen feste Formen an.
Zum Saisonauftakt war der FSC-Oppin wieder der Gastgeber eines Länderwettkampfes mit 31 Sportlern aus Bulgarien, der CSSR, beider DDR-Sportclubs und erstmals der BRD. Die Teilnahme einer Mannschaft des Sportvereins aus der Saar war in der Atmosphäre der DDR-BRD-Kreditverhandlungen möglich geworden, außerdem wurde das Schild „SPD-Jugendsport“ übergehängt.
Im Zielspringen sorgte die junge Hoffnungsträgerin Gabriele Bauer mit 0,03 m, nach neun Nullsprüngen für einen klaren Sieg. Genauso Klaus-Jürgen Böhme, der sogar für seinen Sieg zehn Nullsprünge einbrachte. Im Figurenspringen waren Barbara und Gerd Harzbecker nicht zu bremsen. Auch im Gruppenzielspringen waren die DDR-Auswahlkader am erfolgreichsten. Die Sportler aus Saarlouis konnten nicht in die vorderen Platzierungen eingreifen, fühlten sich aber in Oppin gut betreut und nahmen die Unterstützung der erfahrenen DDR-Trainer gern an. Der junge Helmut Bastuck war später einer der treibenden Kräfte im bundesdeutschen Fallschirmsport.
Der Direktor der Kinder- und Jugendsportschule Halle, Dr. Sparrenberg, unterbreitete dem FSC-Oppin, auf der Grundlage der langjährigen Zusammenarbeit, einen Vorschlag zur Übernahme eines Nachwuchsturners in das Fallschirmsporttraining. Marko Pflüger hatte sich leistungssportlich gut entwickelt, hatte aber die Tendenz zur Gewichtszunahme und das wäre mit zunehmendem Alter, mit der großen Belastung der Handgelenke, zum Problem im Turnen geworden. Er selbst zeigte Interesse am Fallschirmspringen und seine Eltern unterstützten das Vorhaben. Er verblieb an der KJS, nahm seine Sprungausbildung auf und wurde in den Jahren zum erfolgreichen Spitzensportler.
Dass Fehler der Vergangenheit korrigiert werden sollten, zeigte der Besuch des Vorsitzenden der GST, Vizeadmiral Kutschbauch, beim Pfingstwettkampf in Großrückerswalde. Der gestiftete Max-Roscher-Pokal war die umkämpfte Trophäe der teilnehmenden Clubsportler, aber auch einer größeren Anzahl Bezirkssportler. Der Wettkampf war mit der regionalen Unterstützung gut organisiert und das Rahmenprogramm mit Lagerfeuer und Rockkonzert zeugten von neuen Tönen. Im Zielspringen siegte Heike Glaw mit 0,21 m nach fünf Runden und bei den Männern Gunter Ebermann aus Leipzig mit 0,07 m. Im Figurenspringen waren Heike Glaw bei den Frauen und Andreas Wild bei den Männern die Sieger, beide vom SC Dynamo.
Der Aeroclub von Tolbuchin in Bulgarien war der Veranstalter des Albena-Pokals an der Schwarzmeerküste und 45 Sportler aus sechs Ländern waren angereist. Die DDR wurde durch eine Frauenmannschaft des FSC-Oppin vertreten, die in der gemeinsamen Wertung mit den Männern durch Sybille Schwab und Katrin Sperschneider einen Doppelerfolg im Zielspringen erkämpfte. Dazu kam mit Gabriele Bauer und Denise Klemm auch noch der Sieg im Gruppenspringen. Das war natürlich ein Paukenschlag und die vielen Besucher in Badebekleidung, waren begeistert und feierten mit Beifall die herausragenden Leistungen.
Gleich wieder ein Volltreffer beim Länderwettkampf in Brasov mit den rumänischen Auswahlkadern. Die Nachwuchssportler des FSC-Oppin erkämpften mit Diana Wiedmann, nach acht Runden im Zielspringen und 0,02 m den ersten Platz. Katja Schneider war mit 8,73 s im Figurenspringen die Beste, dazu kam auch noch der Sieg im Gruppenspringen.
Bild 24 – Diana Wiedman, Siegerin des Zielspringens mit nur 2 cm Abweichung in acht Runden.
Bild 26/27 – Katja Schneider war die schnellste Dame beim Figurenspringen.
(Bildquellen: Bild 24 Fliegerrevue 11´1985, Bild 25 unbekannt, Bild 26 Fliegerrevue, Bild 27 Fliegerrevue 1´1986)
Und dann kamen wieder die ersten Höhepunkte des Jahres. Der Wettkampf der sozialistischen Länder startete mit 120 Sportlern aus 10 Ländern in Donezk im Zentrum der Süd-Ukraine. Eine anstrengende Anreise über Moskau, Rostow am Don und zum Schluss mit dem Bus zum Wettkampfort. Überaus freundliche Menschen der Millionenstadt begrüßten die einzelnen Mannschaften und es war nicht vorstellbar, welches Schicksal ihnen in den späteren Jahren widerfuhr. Gewitter und Regen sorgten für etwas Erholung von der langen Reise und es blieb etwas Zeit für eine Stadtbesichtigung.
Die spannenden Wettkämpfe begannen mit dem Zielspringen. Ronald Eilenstein schaffte die ersten acht Sprünge mit dem Idealergebnis und im Finale landete er wieder auf 0,00 m, Wladimir Kolesnik und Klaus-Jürgen Böhme folgten mit jeweils 0,01 m. Auch Bernd Wiesner, Jens-Uwe Lasotta und Gerd Harzbecker hatten nur 0,02 m im Ergebnisprotokoll. Besser konnte eine Konkurrenz wohl kaum beendet werden. Bei den Frauen siegte die Bulgarin Jordanka Dakowa mit 0,03 m vor Barbara Harzbecker, ergebnisgleich mit Tamara Katschan aus der UdSSR mit jeweils 0,04 m. Das Figurenspringen, einst die große Sorge des DDR-Fallschirmsports, wurde zum Erfolg für Barbara Harzbecker und Roland Eilenstein. Kerstin Steinmeier und Bernd Wiesner folgten dicht auf. Der Gesamtsieg des Wettkampfes ging ebenfalls an Barbara Harzbecker bei den Frauen und Ronald Eilenstein bei den Herren.
Im Gruppenzielspringen gab es dann doch einige Zentimeter für die Frauen, mit Barbara Harzbecker, Cornelia Fischer, Heike Glaw und Daniela Baum. Sie erreichten den dritten Platz, was in der Gesamtwertung, hinter der UdSSR, den zweiten Rang bedeutete. Die Männer, mit Ronald Eilenstein, Bernd Wiesner, Andreas Müller und Jens-Uwe Lasotta trumpften nochmals auf und erzielten mit 0,12 m den Sieg und dazu noch Gold in der Gesamtwertung. Hervorzuheben die Glanzleistungen von Gerd Harzbecker, der außer Konkurrenz gestartet war. Mit 12 Nullsprüngen in Folge stellte er eine DDR-Bestleistung auf. Die DDR-Mannschaft, die UdSSR, CSSR, Bulgarien, Ungarn und Mozambique nutzten den US-Fallschirm Para-Foil, Polen, Kuba und Rumänien den RL-12. In der zusätzlichen Juniorenwertung war Kerstin Steinmeier die Siegerin und Gabriele Bauer folgte ihr auf Rang zwei.
Impressionen vom Wettkampf der sozialistischen Länder in Donezk
Bild 28 – Die erfolgreiche Damenmannschaft der DDR mit Cornelia Fischer, Heike Glaw, Daniela Baum und Barbara Herzbecker.
Bild 29 – Die Goldmedaille im Figurenspringen sicherte sich Barbara Harzbecker vor Kerstin Steinmeier. Dritte wurde Elena Jarmoltschik aus der UdSSR.
Bild 30 – Außer Konkurrenz startete Gerd Harzbecker und stellte mit zwölf Nullsprüngen in Folge eine neue DDR-Bestleistung auf.
Bild 31 – Der Parafoil war der favorisierte Fallschirm dieses Wettkampfes beim Zielspringen.
(Bildquellen: Bild 28 Barbara Czemerys, Bild 29 Kerstin Gärtner, Bild 30 Fliegerrevue 9´1986, Bild 31 Fliegerrevue 4´1989)
Eine Nachwuchs-Frauenmannschaft des FSC-Oppin beteiligte sich an den Niederländischen Meisterschaften und Denise Klemm siegte im Figurenspringen vor Sybille Schwab und Katrin Sperschneider. Im Zielspringen lief es bei stark böigem Wetter nicht so gut und der dritte Platz von Evelyn Artelt war das beste Ergebnis.
Der ungarische Fallschirmsportverband hatte zum internationalen Komplexwettkampf nach Leninvaros, in der Nähe von Miskolc, eingeladen. Alle Wettkampfstätten lagen dicht beieinander und die Landungen im Zielspringen sollten auf einem Sportplatz, inmitten der Chemiearbeiterstadt, erfolgen. Der FSC-Oppin war unter Leitung von Dr. Hermann Knorrn und den beiden Trainern, Helmut Schulz und Roland Kappe präsent. Die Sportler um Olaf Bonneß, Jens Fichtmüller, Gerd Wetteborn und Holger Franke waren gut vorbereitet und bildeten eine schlagfähige Truppe.
Vor vielen Zuschauern wurde mit dem Zielspringen begonnen. Gerd Wetteborn setzte sich nervenstark an die Spitze des Feldes und behauptete diese Position bis zum sechsten Durchgang. Beim letzten Sprung musste er zwar 2 Zentimeter in Kauf nehmen, aber der Sieg war trotzdem sicher und er konnte sich feiern lassen. Im Gruppenspringen ging es in dieser Form weiter. Nach den vorgesehenen drei Runden konnten die Oppiner auf das oberste Treppchen steigen und die Medaillen entgegennehmen. Erstaunlich stark waren die nachfolgenden Sportler aus Kuba.
Beim 100m-Freistilschwimmen stand die Frage im Raum, kann Jens Fichtmüller seine drei Siege in Folge nochmal wiederholen. Die Zeitschnellsten starteten im letzten Lauf und unter harter Konkurrenz aus der UdSSR und Polen, schlug Jens Fichtmüller tatsächlich nochmals als Sieger an. Gratulationen von allen Seiten für diesen Ausnahmesportler.
Das KK-Schießen war bisher immer ein Sorgenkind für die DDR-Komplexer. Der Trainer Harry Franz vom Schießsportclub Leipzig hatte in der Vorbereitung wertvolle Hilfe geleistet. Gerd Wetteborn behielt die Nerven und wie zur Säule erstarrt gab er seine Schüsse ab. Mit einem Ring Vorsprung wurde er als Sieger gefeiert.
Auch im abschließenden Crosslauf konnte Jens Fichtmüller den dritten Rang erreichen. Die DDR-Mannschaft belegte in der Gesamtwertung, hinter der UdSSR, den zweiten Platz und kehrte mit vier Gold- und zwei Silbermedaillen aus Ungarn zurück. Es war der bisher größte Erfolg in dieser Wettkampfart.
Impressionen vom internationalen Komplexwettkampf in Leninvaros / Ungarn
Bild 33 – Die erfolgreiche Mannschaft der DDR mit Roland Kappe(Trainer), Hermann Knorr (Klubchef), Gerd Wetteborn, Jens Fichtmüller, Holger Franke, Olaf Bonnes und Helmut Schulz (Cheftrainer).
Bild 34 –Die besondere Vorausforderung beim Zielspringen war die Landung in unmittelbarer Nähe zum Neubaugebiet. Teilweise erfolgte der Anflug im Abstand von unter 10 Metern.
Bild 35 – Die Gewinner der Einzeldisziplinen Jens Fichtmüller (Schwimmen) und Gerd Wetteborn (Einzelzielspringen und Schießen).
(Bildquellen: Bild 32/33/34 Gerd Wetteborn, Bild 35 Fliegerrevue 10´ 1986)
Die 21. Meisterschaft der DDR in Halle-Oppin war durch die Wetterunbilden nur eine Figurensprungmeisterschaft. Zur Überraschung vieler Teilnehmer siegte Kerstin Steinmeier mit tollen Serien vor der Weltmeisterin Barbara Harzbecker. Ihre Leistungssteigerung hatte sich schon im Training und beim Wettkampf der sozialistischen Länder angezeigt. Den dritten Rang erkämpfte sich Cornelia Fischer. Bei den Juniorinnen siegte Katrin Müller, ebenfalls vom SV Dynamo, vor Denise Klemm und Evelyn Artelt vom FSC-Oppin. Ronald Eilenstein wurde erneut der Landesmeister, gefolgt von Jens-Uwe Lasotta und Bernd Wiesner. Bei den Junioren dominierten die Dynamo-Sportler. Rico Neugebauer gewann den Wettkampf vor den Clubkameraden Andre Heinze und Jörg Hofmeister. In der Ermittlung der besten Sportler aus den Bezirken siegte Angela Pudlitz aus Cottbus, vor Carola Knoblauch aus Leipzig und Christine Stötzner aus Gera. Die Reihenfolge bei den Männern bildeten Reinhard Seyda aus Berlin, Peter Gläser von der SG Dynamo und Dieter Harke aus Schwerin. Auffallend die Tendenz, dass hohe Parteifunktionäre, in Begleitung des Vorsitzenden der GST, Fallschirmsprungwettkämpfe besuchten und wiederholt die Wichtigkeit des Sportes hervorhoben.
Für einen Zwischenspurt reiste eine Mannschaft des SC Dynamo nach Slusovice in die CSSR. Herausragend der Sieg von Klaus-Jürgen Böhme im Zielspringen, für den nach den acht Runden nur 0,01 m gemessen wurden. Torsten Hofmeister landete mit 0,04 m auf dem zweiten Rang.
Heinz Wolf, der GST Sektorenleiter Fallschirmsport, startete am Flugplatz Burg ein Experiment mit Fallschirmsprunganwärtern, die komplette Grundausbildung in einem Lehrgang durchzuführen, was durch gute Organisation und mit Hilfe besten Wetters auch gelang. Auch ein Lehrgang mit Reservisten an der Fallschirmjägerbasis in Lehnin war für die jetzigen Fallschirmsprunglehrer der GST ein besonderes Erlebnis und brachte so manche Erinnerung zurück.
Unter dem Schild „D. ALAMANYA GDR“ marschierte die DDR-Mannschaft auf die Wettkampfstätte der 18. Weltmeisterschaft in Ankara, der Hauptstadt der Türkei. 85 Frauen und 135 Männer aus 28 Ländern wollten nach den Medaillen greifen. Für die DDR-Mannschaft hatten sich Barbara Harzbecker, Cornelia Fischer, Heike Glaw, Kerstin Steinmeier und Daniela Baum, sowie Bernd Wiesner, Ronald Eilenstein, Andreas Müller, Jens- Uwe Lasotta und Gerd Harzbecker qualifiziert. Begleitet wurden die Wettkämpfer durch die beiden Trainer Walter Greschner und Karl-Heinz Wolf sowie durch Dieter Dastig und Dr. Dieter Strüber, welche als Schiedsrichter fungierten. Als Mannschaftsarzt war Dr. Peter Meier wieder dabei. Die Mannschaft leitete Horst Brändel, der in der internationalen Jury die DDR vertrat. War es Kontrolle oder der Versuch in der internationalen Welt zu schnuppern, jedenfalls wurde der DDR-Mannschaft Willi Meinert, der Beauftragte der SED für die GST, als Delegationsleiter vorgesetzt. Bei verwunderten Fragen wurde er als Vertreter des DDR-Sportbundes bezeichnet und so verhielt er sich auch. Es gab von ihm keine Einmischung in die Belange der Mannschaft, er mobilisierte allerdings durch seine Position das DDR-Konsulat in Ankara und ständig gab es Besuche mit schmackhaften Leckereien. Bei einer der Einladungen in geschlossener Gesellschaft, plauderte einer der Mitarbeiter über einen schwunghaften „Menschenhandel“. Ausreisewillige Türken saßen jeden Morgen vor dem DDR-Büro in Ankara, bekamen für eine ordentliche Summe eine Einreisegenehmigung in die DDR, reisten dann bis Berlin-Schönefeld und weiter ging es zum Check-Point nach Westberlin, ohne den Boden der DDR richtig betreten zu haben.
(Bildquellen: Bild 36 unbekannt)
Zurück zum Wettkampf; bei den Sportfallschirmen dominierten die Para-Foil aus amerikanischer Fertigung in verschiedenen Varianten. Auch einige RL-12 waren zu sehen. Sieben Absetzflugzeuge AN-2 standen bereit und mehrere junge Pilotinnen saßen am Steuer, was für ein Land wie die Türkei völlig verblüffend war. Die Frauen eröffneten die Meisterschaft mit dem Figurenspringen, etwas versetzt zum Sprungzentrum. Dieter Dastig hatte die Aufgabe des Hauptschiedsrichters für diese Disziplin übernommen. Sofort begann ein harter Kampf zwischen den Sportlerinnen der UdSSR, den USA und der DDR. Terry Vares wurde schließlich die Siegerin, Barbara Harzbecker ganz knapp dahinter auf dem Silberrang und Heike Glaw auf Platz drei. Cornelia Fischer und Kerstin Steinmeier folgten auf den Plätzen vier und fünf. Trotz des Verlustes der WM-Krone eine tolle Reihenfolge und gute Basis für die Gesamtwertung. Das Zielspringen lief nicht ganz so rund, Heike Glaw wurde mit 0,17 m Neunte, die anderen Springerinnen lagen noch weiter zurück. In der Gesamtwertung war es dann für Heike die Silbermedaille. Cornelia Fischer konnte sich auf Rang fünf und Kerstin Steinmeier auf dem achten Platz einordnen. In der Juniorenwertung war Kerstin Steinmeier die Silbermedaillengewinnerin und darin eingeschlossen ihr Sieg im Figurenspringen. Auffallend die starken Leistungen der Chinesinnen. Im Gruppenspringen wurden nochmals alle Kräfte gesammelt und die DDR-Frauen konnten als Siegerinnen auf das Podest steigen. 23 cm standen nach den ersten drei Sprüngen für das Team zu Buche, vor ihnen die UdSSR, die CSSR und die VR China. Doch dann landeten die DDR-Damen zweimal geschlossen im Zentrum und sicherten sich damit die Goldmedaille. In der Gesamtmannschaftswertung gab es nochmals Silber, hinter der Mannschaft der UdSSR.
Bild 37 – Silber im Figurenspringen ging an Barbara Harzbecker, die Bronzemedaille sicherte sich Heike Glaw.
Bild 38 – Im Einzelzielspringen konnten sie nicht nach den Medaillengreifen, aber als Mannschaft gings ganz oben auf´s Treppchen für Heike Glaw, Cornelia Fischer, Barbara Harzbecker und Daniele Baum.
Bild 39 – Kerstin Steinmeier (Mitte) gehörte zu den eifrigsten Medaillensammlern dieser Weltmeisterschaft. Sie errang den Juniorenweltmeistertitel im Figurenspringen und den 2. Platz in der Junioren-Gesamtwertung.
(Bildquellen: Bild 37/38 Barbara Czemerys, Bild 39 Fliegerrevue 11´1986)
Die Männer hatten mit dem Zielspringen begonnen und die im Halbkreis nahestehenden Gebäude umsäumten die Sprungarena. Alle erahnten da massive Probleme und so kam es dann auch. Bei den DDR-Sportlern lief es einfach nicht gut, Bernd Wiesner wurde mit 0,08 m nur 15., abgeschlagen der Rest der Mannschaft. Den Sieg holte sich Wjatscheslow Waljunas aus der UdSSR mit 0,05 m. Das Figurenspringen sorgte dann wieder für Freude und Beifall. Ronald Eilenstein wurde neuer Weltmeister mit einer brillanten Vorstellung seiner Sprungkomplexe. In der Gesamtwertung erreichte Bernd Wiesner als DDR-Bester den sechsten Rang. Im Gruppenspringen gewann Frankreich vor der UdSSR und China. Die DDR-Männer belegten den vierten Platz, was auch den Endstand in der Gesamtwertung ergab.
Bild 40/41 – Witterungsverhältnisse, wie sie manche wohl noch nie erlebt hatten, und starke Luftverwirbelungen, hervorgerufen durch Gebäude, die nicht weiter als 80 bis 120 m vom Zielkreis entfernt standen, verlieh dem Zielspringen sehr viel Zufälliges.
Bild 42 – Weltmeister 1986 im Figurenspringen mit 28,04 sek in vier Sprüngen wurde Ronald Eilenstein.
(Bildquellen: Bild 41 unbekannt, Bild 42 Fliegerrevue 12´ 1986, Bild 43 Fliegerrevue 11´1986)
Die Medaillen wurden in Ankara auf mehrere Länder verteilt und das intensive Thermikwetter sorgte im Zielspringen für viele Überraschungen und Favoritenstürze. Die WM war ansonsten gut organisiert und die Stadt bot viele Einblicke in das moslemische Leben. Jeden Abend gab es in den oberen Etagen des Hotels große Partys. Befragt nach dem Anlass, bekam man als Antwort: „Naja, da werden kleine Jungs beschnitten. Keine Angst, es tut nur ein bisschen weh.“ Die DDR-Mannschaft verließ Ankara mit sechs Medaillen, nur die USA und UdSSR hatten je eine Goldene mehr.
Bild 44 – Bis auf den Zielsprungtitel durch Wjatscheslaw Waljunas (5. von rechts) blieben der sowjetischen Delegation Siege in den Einzel- und Gruppendisziplinen versagt,
doch dank ihrer mannschaftlichen Geschlossenheit gewannen sie unangefochten beide Weltmeistertitel in der Gesamtmannschaftswertung.
(Bildquellen: Fliegerrevue 11´ 1986)
Der DDR-offene Messepokal in Leipzig hatte 62 Sportler am Start, darunter Gäste aus Krakow. Sieger des Zielspringens wurden Sybil Schwab und Olaf Bonneß sowie die Mannschaft des FSC-Oppin mit ihrer ersten Mannschaft.
Die Fallschirmsprung-Reservisten der GST trafen sich erstmals zu einem Wettkampf in Leipzig und 24 Wettkämpfer in acht Mannschaften waren der Einladung gefolgt. Sieger wurde Norbert Kögler aus Schwerin. In der Zielsprung-Mannschaftswertung gewannen Schwerin und Dresden punktgleich den ausgeschriebenen Pokal.
Den beliebten Pokal der Zeitschrift „Flieger-Revue“ gewannen Rolf Kühnert aus Karl-Marx-Stadt, vor den punktgleichen Sportlern Gunter Ebermann aus Leipzig und Dieter Harke aus Schwerin.
Zum Saisonende wurde die erste Weltmeisterschaft im Kappen-Formationsspringen in Australien veranstaltet. 12 Ländermannschaften waren am Start und in der Achter-Formation, wo es um die schnellste Zeit bis zur Bildung des Stapels ging, siegten die Fallschirmsportler aus Frankreich, vor England und Australien. Dabei mussten acht Runden bewältigt werden. Den Rotationswettbewerb der Vierer-Mannschaften gewannen überlegen die Chinesen, in zwei Durchgänge schafften sie, in Weltrekordzeit 22 Rotationen in den vorgegebenen vier Minuten Arbeitszeit. Zweiter wurde die Mannschaft der USA vor den Niederlanden. Im Wettkampf der Vierer-Sequenzen, ebenfalls im Zeitfenster von vier Minuten, waren erneut die Franzosen das schnellste Team. Danach sicherte sich die USA, im Stechen mit Australien, den Silberrang.
Es gab einen großen Abschied von der internationalen Bühne des Fallschirmsportes. Barbara Harzbecker, ihr Ehemann Gerd Harzbecker und Bernd Wiesner erklärten ihren Rücktritt. Über 17 000 Sprünge hatten sie zusammen absolviert, dazu über 30 WM-Medaillen erkämpft und bei zahllosen Wettkämpfen ihre Leistungsstärke demonstriert. Sie wechselten in zivile Berufe, nur Bernd Wiesner sollte seine Erfahrungen als Trainer beim SC Dynamo weiter einbringen. Als ausgebildeter Diplomsportlehrer hatte er sich auf dies Aufgabe vorbereitet.
Nach nur zwei Jahren Amtszeit wurde Oberst Hans-Peter Otto, wegen einer schweren Erkrankung, verabschiedet. Er hatte sich für eine positive Entwicklung des Flug- und Fallschirmsportes eingesetzt. Oberst Eberhard Köllner übernahm seine Funktion und wurde von vielen Mitgliedern in der GST als Hoffnungsträger begrüßt.
Bild 45 – Das Ehepaar Harzbecker beendete mit über 11000 Sprüngen ihre Karriere beim SC Dynamo.
Bild 46 – Bernd Wiesner blieb dem Sportclub Dynamo weiterhin als Trainer erhalten.
Bild 47 – Nach nur zwei Jahren musste Oberst Hans-Peter Otto seine Aufgabe als Stellvertreter für Flug- und Fallschirmsportausbildung im ZV der GST krankheitsbedingt aufgeben.
Er starb im März des Folgejahres mit nur 52 Jahren.
Bilder 48 – Neuer Stellvertreter im ZV der GST wurde Oberst Eberhard Köllner, Verdienter Militärflieger der DDR und ausgebildeter Kosmonaut.
(Bildquellen: Bild 45 Barbara Czemerys, Bild 46 Autogrammkarte, Bild 47 Fliegerrevue 5´ 1987, Bild 48 unbekannt)